(C) Frank Meiers - cheese.lu -, Fondation Cancer

Dr. Christiane Margue (links) und Dr. Stephanie Kreis von der Universität Luxemburg

In einer aufwendigen Studie haben Biologen der Universität Luxemburg herausgefunden, dass kleine Moleküle namens mikroRNAs sich entgegen vieler Hoffnungen mit heutiger Technik noch nicht zur Früherkennung von Hautkrebs sowie vermutlich anderer Krebsarten in Blutproben eignen. Dafür analysierten sie erstmalig die Gesamtheit aller mikroRNAs im Serum gesunder Menschen und erstellten somit, in Anlehnung an das besser bekannte „Genom“, ein erstes vollständiges Abbild des menschlichen sezernierten „miRNomes“. Dies ist ein wichtiger Schritt in der Erforschung neuer Krebsindikatoren. Von ihren „Reviewern“, den Kollegen, die die Arbeit begutachten, wurden sie für ihre gründliche Arbeit sogar ausdrücklich gelobt – eine Seltenheit. 

Körpereigene Moleküle als Krebsindikatoren?

Um Krebs früh auf die Schliche zu kommen, suchen Forscher rund um den Globus nach Molekülen, die in Blutproben früh auf die Entstehung der Krankheit hinweisen könnten. Vielversprechend unter diesen sogenannten Biomarkern sind mikroRNAs, kleine Moleküle, die im Körper als universelle An- und Ausschalter agieren. „mikroRNAs könnten besonders gute Marker sein, weil sie sehr stabil, somit gut nachweisbar und außerdem gewebespezifisch sind“, so Dr. Stephanie Kreis, Hauptdozentin in der Forschungsgruppe „Signal Transduction“ der Life Sciences Research Unit an der Universität Luxemburg. In Gewebeproben können die „Molekül-Schnipsel“ tatsächlich zur Früherkennung von Krebs dienen. Doch funktioniert das auch bei der einfacher durchzuführenden Blutprobe?

Moleküle variieren stark - auch bei gesunden Menschen

Bisherige Studien widersprechen sich, weil meist nur zwei bis drei gesunde Personen als Kontrollgruppe genutzt wurden – viel zu wenige, angesichts der Tatsache, dass diese Molekülart auch sehr stark zwischen einzelnen Individuen variieren, teilweise sogar zwischen Mann und Frau und einige auch nach Tageszeit. Nicht jede Variation kann also als Hinweis auf Krankheit interpretiert werden. Die Forscher in Luxemburg wollten es genau wissen. In der Studie, die Stephanie Kreis vor allem mit Christiane Margue, Susanne Reinsbach und Demetra Philippidou durchführte, analysierten sie in etwa 100 Blutproben jeweils 1100 einzelne mikroRNAs.

Neues Verfahren erlaubt genauere Interpretation von Blutanalyse

„Wir haben sehr viel Energie, Zeit und Geld in die technische Optimierung der mikroRNA Messungen gesteckt  und haben bei jedem Schritt die Qualitätskontrollen mehr oder weniger neu erfunden“, unterstreicht Dr. Stephanie Kreis. Sogar ein neues bioinformatische Verfahren haben die Forscher entwickelt, um instabile mikroRNAs auszusortieren. Nach rund zwei Jahren Arbeit ist so die weltweit erste Referenz über die meisten aller mikroRNAs im Blut gesunder Personen entstanden. Nun weiß man, welche dieser interessanten Moleküle in ähnlichen Mengen vorliegen und welche zwischen Individuen natürlich schwanken.  

„Wir konnten auch herausfinden, dass manche Moleküle, die in anderen Studien als potentielle Biomarker gepriesen wurden, gar keine sein können, weil ihre Variation natürlich ist und nicht aufgrund einer Krankheit auftritt“, so Dr. Kreis. Zwar gibt es auch interessante Schwankungen, die auf Hautkrebs hinweisen – der hier analysierten Krebsart – doch diese seien im Blut bisher nur in den Endstadien verlässlich als Indikator nutzbar, wenn der Patient schon längst weiß, dass er krank ist.

mikroRNAs haben Potential zu Krebsindikatoren

In wenigen Jahren, wenn die Nachweismethoden noch sensitiver geworden sind, werden mikroRNAs bei der Früherkennung von Krebs und anderen Krankheiten aber vermutlich eine große Rolle spielen. Den Grundstein für weitere Studien hat die Universität Luxemburg nun gelegt.
 

Autor: Uni Luxemburg
Photo: © 
Frank Meiers - cheese.lu -, Fondation Cancer (Dr. Christiane Margue (links) und Dr. Stephanie Kreis von der Universität Luxemburg)

 

 

Infobox

Biomarker

 

Als Biomarker werden körpereigene Substanzen oder Moleküle betrachtet, die gemessen werden können und deren Variation Anzeichen für den Gesundheitszustand eines Menschen und/oder die Entwicklung einer Krankheit liefern können. Der Blutzuckerwert ist beispielsweise ein Biomarker, der zur Diagnose und Überwachung von Diabetes dient. 

 

Informationen für die Redaktion

 

Der vollständige wissenschaftliche Artikel "Comparison of a healthy miRNome with melanoma patient miRNomes: are microRNAs suitable serum biomarkers for cancer?", wie im Journal "Oncotarget" veröffentlicht, kann hier eingesehen werden.

 

Auch interessant

Porträt „Eine Errungenschaft für Luxemburg und unsere Forschungsgruppe“

Wissenschaftler des Luxembourg Institute of Health (LIH) wurden mit einem Prix Galien für ihren herausragenden Beitrag z...

LIH
Highly Cited Researchers Immer wieder gerne zitiert: Die multidisziplinäre Arbeit von Stéphane Bordas

Es gibt Wissenschaftler, auf deren Arbeiten in Publikationen besonders häufig Bezug genommen wird. Uni-Professor Stéphan...

Medizin Hypnose in einem medizinischen Umfeld, wofür und wie wirksam ist sie?

Die Hypnose wird immer häufiger eingesetzt, um beispielsweise Schmerzen zu lindern. Die Öffentlichkeit ist jedoch geteil...

FNR

Auch in dieser Rubrik

Handy in Schule
Screentime Smartphone-Verbot in Schulen: Was ist der Stand der Wissenschaft?

Sollen Sekundarschulen Handys in Klassenraum und Pausenhof verbieten oder nicht? Das diskutieren Eltern, Lehrer, Schüler und Politik in Luxemburg und weltweit. Ein Blick auf den Stand der Forschung.

Demenzerkrankungen Alzheimer: Wo steht die Wissenschaft?

Sie beginnt schleichend und ist bisher nicht heilbar: die Alzheimer-Krankheit. Prof. Dr. Michael Heneka, Direktor des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine, über Forschungsstand und Therapien.

Nobel Prize in Medicine 2024 Research in Luxembourg on the topic of microRNAs

Dr. Yvan Devaux from LIH works on the theme of the Nobel Prize awarded today to two American researchers for their work on microRNAs. He explains the importance of the discovery and his own research....

LIH
Sportwissenschaft Wie können Spitzensportler ihre Leistung steigern?

Es geht auch ohne verbotene leistungssteigernde Medikamente – z. B. mit Hitze, Kälte und Höhe. Frédéric Margue erklärt, wie ein Team am LIHPS Spitzensportler aus Luxemburg unterstützt.