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Die menschliche Stimme ist ein wirkmächtiges Kommunikationsmedium, das Gefühle und Emotionen transportiert, aber auch gesundheitliche Veränderungen einer Person sofort zum Ausdruck bringen kann. In Verbindung mit dem intensiven Einsatz digitaler Hilfsmittel und künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen liefert dies ein starkes Argument für die Anwendung sprachbasierter Technologien zu diagnostischen und medizinischen Zwecken.
Unterstützung bei Telemedizin und Fernüberwachung von Patienten
Vokale Biomarker könnten bald in verschiedenen Kontexten wie der Telemedizin, bei der Fernüberwachung von Patienten zwischen Untersuchungen oder zur Bewertung der Wirksamkeit eines Arzneimittels in klinischen Studien genutzt werden. Dazu müssen Sprachaufnahmen, klinische und epidemiologische Daten sowie Behandlungsergebnisse der Patienten gleichzeitig und systematisch mit gut strukturierten Methoden erfasst werden.
In diesem Zusammenhang hat die Forschungseinheit Deep Digital Phenotyping (DDP) am Luxembourg Institute of Health (LIH) die Studie „CoLive Voice“ ins Leben gerufen. Mit ihr sollen mehrere zehntausend Stimmproben von Freiwilligen gesammelt und analysiert werden, um vokale Biomarker für eine Vielzahl chronischer Krankheitsbilder und Symptome zu identifizieren, von Stress, Angstzuständen und Depressionen bis hin zu Krebs, Diabetes, multipler Sklerose, entzündlichen Darmerkrankungen und sogar COVID-19.
Aus der Stimmprobe die signifikantesten Audio-Merkmale extrahieren
„Ein vokaler Biomarker ist ein Merkmal oder eine Kombination von Merkmalen der Stimme, das beziehungsweise die mit einem bestimmten klinischen Ergebnis assoziiert werden können und daher ein wertvolles Hilfsmittel zur Überwachung von Patienten, bei der Diagnose eines Krankheitsbildes, der Beurteilung der Schwere einer Krankheit und sogar bei der Entwicklung neuer Medikamente sein können“, erklärt Dr. Guy Fagherazzi, Direktor des DoPH und Studienleiter von CoLive Voice.
Anhand der CoLive Voice Webanwendung sollen Studienteilnehmer zuerst vollkommen anonym einen detaillierten Fragebogen zu ihrem Gesundheitsstatus beantworten, in dem klinische und epidemiologische Aspekte wie Lebensstilfaktoren, eigene Angaben zu Symptomen, laufende Behandlungen und diagnostizierte Krankheiten abgefragt werden. Danach werden sie aufgefordert, fünf verschiedene Stimmproben abzugeben, bei denen sie u. a. kurze Texte lesen, husten, tief einatmen und bis 20 zählen sollen. Die Wissenschaftler des LIH werden anschließend die erfassten Daten verarbeiten und abhängig von Stimmstörung, Krankheit oder Art der Stimmprobe daraus die signifikantesten Audio-Merkmale extrahieren.
Analyse von akustischen und linguistischen Merkmalen
„Akustische Merkmale, die aus den Aufzeichnungen eines langgezogenen Vokals wie „aaaa“ extrahiert werden, können uns beispielsweise bei der Erkennung von Parkinson helfen, während sich linguistische Merkmale, die aus spontaner oder halbspontaner Sprache extrahiert werden, besser für psychische Störungen eignen könnten“, erläutert Aurélie Fischer, Projektkoordinatorin von CoLive Voice.
Mit solchen Audio-Merkmalen können anschließend Modelle für maschinelles Lernen und Deep Learning „trainiert“ werden, um automatisch relevante klinische, medizinische oder epidemiologische Ergebnisse jeder Art vorherzusagen oder zu klassifizieren, entweder nur mit rein stimmlichen Merkmalen oder in Kombination mit anderen Gesundheitsdaten.
Aufbau einer mehrsprachigen Audio-Datenbank zur Identifizierung vokaler Biomarker
An CoLive Voice können Erwachsene und Jugendliche über 15 Jahre aus aller Welt unabhängig von ihrem Gesundheitszustand teilnehmen. Neben Menschen, welche keine besonderen gesundheitliche Probleme aufweisen, sind die Forscher daran interessiert, Patienten miteinzubeziehen, die mit Krebs, Diabetes, multipler Sklerose, entzündlichen Darmerkrankungen oder COVID-19 leben.
„Obwohl es sich um eine luxemburgische Initiative handelt, liegt die Stärke der Studie in ihrer internationalen Dimension. Wir gehen davon aus, dass weltweit über 50.000 Personen teilnehmen und somit dazu beitragen werden, CoLive Voice zu einer internationalen und mehrsprachigen Audio-Datenbank für die Identifizierung von vokalen Biomarkern zu machen“, bekräftigt Dr. Fagherazzi.
Anwendung in vier Sprachen verfügbar
Die Teilnahme an CoLive Voice ist freiwillig, einmalig und vollkommen anonym. Weitere Informationen über die Stimme werden den Teilnehmern in der gesamten Umfrage in Form von „Fun Facts“ präsentiert. Die Anwendung steht auf Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch zur Verfügung und kann über den folgenden Link aufgerufen werden: www.colivevoice.org
Autor: LIH
Editor: Uwe Hentschel