© Uwe Hentschel

Waldir Marin Neto und Julian Krebs vom Team des luxemburgischen Start-ups Databourg Systems waren beim SnT Partnership Day 2021 ebenfalls dabei

Ein Regengebiet zieht auf dem Bildschirm von der Atlantikküste über Frankreich. Die Daten, mit denen der Niederschlag auf der Karte visualisiert wird, stammen allerdings nicht von Wetterradaren, sondern von einer Vielzahl an Satellitenschüsseln. Von Satellitenschüsseln, über die Haushalte und Unternehmen ihre Verbindung zum Internet herstellen. „Weltweit sind zig Millionen dieser Schüsseln im Einsatz“, erklärt Julian Krebs. Der Datenwissenschaftler gehört zum dreiköpfigen Team des luxemburgischen Start-ups Databourg Systems. Das Unternehmen, das auf der Grundlage einer an der Uni Luxemburg entwickelten Technologie für die Umweltüberwachung über Satellitennetze gegründet wurde, hat Algorithmen entwickelt, mit deren Hilfe sich Satellitensignale in Echtzeit in Niederschlagsdaten umwandeln lassen.

Wetterdaten werden deutlich schneller geliefert

„Satellitenschüsseln empfangen permanent Signale, und diese Übertragung wird gestört, sobald es regnet“, sagt Krebs. „Wir analysieren diese Störungen und können dann anhand der Stärke ganz genau erkennen, wie viel es regnet“, erklärt der Forscher. Im Vergleich zu einem Wetterradar, das nur alle 15 Minuten Daten liefere, liege die zeitliche Auflösung bei der Verwendung der Satellitensignale bei lediglich fünf Minuten. Für Unternehmen und Institutionen, die auf Wetterdaten angewiesen seien, biete dieses Verfahren also einen deutlichen Mehrwert. „Zudem hat die Technik den Vorteil, dass keine zusätzlichen Sensoren benötigt werden“, so Krebs. „Das einzige, was wir brauchen, ist der Kontakt zu den Satelliten-Betreibern, um die Daten zu bekommen.“ Interessant sei der Einsatz dieser Technik vor allen in Regionen wie Afrika oder Südamerika, fügt er hinzu. „Dort gibt es aufgrund der Kosten wenig Wetterradare, aber durchaus viele Schüsseln.“

Databourg Systems ist eines der inzwischen sechs Spin-Offs des SnT (Interdisciplinary Centre for Security, Reliability and Trust) der Uni Luxemburg und als solches auch vertreten beim SnT Partnership Day 2021, bei dem sich die Forschungseinrichtung und deren Partner den mehr als 400 Teilnehmern präsentieren. Seit seiner Gründung vor zwölf Jahren haben sich am SnT bereits 16 Forschungsgruppen gebildet, davon allein sieben in den vergangenen zwei Jahren. Die Einrichtung, die weltweit inzwischen zu den Top-10-Institutionen für Software-Entwicklung gehört und gut 440 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter ihrem Dach vereint, arbeitet mittlerweile mit mehr als 65 Partnern aus Raumfahrt, Industrie, Finanzen und dem öffentlichen Sektor zusammen. Dazu gehören beispielsweise internationale Unternehmen wie Paypal, Huawei und Delphi Technolgies, aber vor allem auch luxemburgische Firmen wie zum Beispiel Spuerkeess und Foyer.

Digitale Unterstützung im Kampf gegen Geldwäsche und Finanzbetrug

Die beiden letztgenannten sind auch Geschäftspartner von digitalUs, dem aktuell jüngsten Start-up des SnT. Das Unternehmen befasst sich mit dem sogenannten Background-Screening-Prozess von Personen. digitalUs ist eine Art Suchmaschine, die Unternehmen mit allen Daten versorgt, die im Sinne der AML- und KYC-Vorgaben benötigt werden, wie Oxana Turtureanu erklärt. AML steht für Anti-Money Laundering (Geldwäsche) und KYC für Know your Customer, womit die Identifizierung und Überprüfung von Neukunden und Bestandskunden auf Basis geldwäscherechtlicher Anforderungen gemeint ist.

Wie zeit- und kostenintensiv diese Überprüfung ist, weiß Turtureanu nur zu gut. „Ich habe selbst früher in einer Bank gearbeitet und war dort täglich stundenlang mit KYC-Prozessen beschäftigt“, erklärt sie. Das SnT-Start-up ersetzt dieses Prozedere durch eine KI-basierte Technologie, die öffentlich zugängliche Daten, Unternehmensregister, sozialen Medien und weitere Quellen im Netz durchforstet, um daraus kundengerecht einen einheitlichen digitalen Fußabdruck der gewünschten Person zu erstellen.

Auffangsystem für Weltraumschrott

Mit einer völlig anderen Herausforderung befasst sich hingegen des SnT-Forschungsprojekt HELEN (High-fidELity tEsting enviroNment for Active Space Debris Removal) in Partnerschaft mit dem Unternehmen Spacety Luxembourg, bei dem es um die Beseitigung von Weltraummüll geht. „Wir haben mehr Satelliten im All als jemals zuvor und stehen erst am Anfang der zweiten Weltraum-Ära“, sagt Carol Martinez von der SnT-Forschungsgruppe Space Robotics (SpaceR). Hinzu kämen die Unmengen an Weltraumschrott, die eine Gefahr für diese Satelliten, aber auch für zukünftige Weltraummissionen darstellten. Bislang, so Martinez, gebe es aber noch keine Systeme zur aktiven Beseitigung der Unmengen an Weltraumschrott. SpaceR und Spacety wollen das ändern, forschen dazu im Rahmen ihres gemeinsamen Forschungsprojekts an der Weltraumtauglichkeit eines kleinen und kostengünstigen Auffangsystems für die Trümmerbeseitigung.

Ein weiterer Meilenstein ist in diesem Zusammenhang der jüngste Start des Joint Lab zwischen dem SnT und dem Satellitenbetreiber SES zur Erforschung von Satellitensystemen der nächsten Netzwerk-Generation, einschließlich Quantenkommunikation und Cybersicherheit. „SnT geht die Probleme immer aus der Sicht verschiedener Akteure mit unterschiedlichen Backgrounds an“, fasst es Stéphane Pallage, Direktor der Uni Luxemburg, zusammen. Was das SnT mit seinen Partnern leiste, habe Auswirkungen auf unser aller tägliches Leben, so Pallage. „Die Partnerschaften sind sehr stark, was viel über die Wertschätzung der Arbeit aussagt, die hier geleistet wird.“

Autor: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel

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