Schüler

© Sven Hauser

Schüler des Lycée classique Diekirch suchen gemeinsam nach Lösungen.

Mathe kann rocken. Wenn reale Themen behandelt werden, macht das „Spiel“ mit den Zahlen Spaß – wie das Projekt MATh.en.JEANS, das Schülern einen ersten Einblick in die Welt der Forschung ermöglicht, seit 2016 auch in Luxemburg beweist. 

MATh.en.JEANS, das klingt nach echtem Leben. Und das ist kein Zufall: Das Projekt hat das Ziel Schüler für Mathematik zu begeistern, indem Aufgaben gestellt werden, die mit dem Alltag zu tun oder Spielcharakter haben. „Das Spektrum reicht von der Optimierung der Verkehrsampelsteuerung bis hin zur Entschlüsselung von Kartentricks“, so Carine Bartholmé, die zum Pionierteam von MATh.en.JEANS Luxemburg gehört.

Novum in Luxemburg – mit einer belgischen Note

Carine Bartholmé ist Mathematiklehrerin am Lycée classique de Diekirch (LCD) sowie am Nordstad Lycée (NOSL). Sie wird von Ihrer Kollegin Geneviève Harles, Mathematiklehrerin am LCD, unterstützt. Akademischen Backup erfuhren die beiden Pädagoginnen im Schuljahr 2016/17 von zwei Doktoranden der Université libre de Bruxelles und seit diesem Schuljahr vom Fachbereich Mathematik der Uni Luxembourg. In Frankreich im Jahr 1989 ins Leben gerufen (siehe Infobox), ist MATh.en.JEANS in Luxemburg noch ein Novum. Die Saison 2017/18 ist erst die zweite im LCD und die erste im NOSL, in der Mathe „gespielt“ wird.

„Ich habe MATh.en.JEANS im Jahr 2016 durch belgische Kollegen entdeckt, die ich aus der Zeit meiner Promotion an der Université libre de Bruxelles kenne, und wollte das Konzept auch in Luxemburg einführen. Über die belgischen Koordinatoren von MATh.en.JEANS habe ich Bruno Teheux kennengelernt, der als Forscher im Fachbereich Mathematik an der Uni Luxemburg arbeitet. Zusammen mit ihm und mit der Unterstützung Schulleitungen des LCD und des NOSL bieten Geneviève und ich ein Workshop-Konzept an, an dem dieses Mal 17 Schüler teilnehmen.“

Begeisterte Suche nach gemeinsamen Lösungen

Dabei ist die Teilnahme freiwillig, und das ist auch für jeden sichtbar, der bei MATh.en.JEANS einmal reinschaut. Die Nachwuchsforscher gehen mit Begeisterung zu Werke, die verschiedenen Arbeitsgruppen werden dieser Bezeichnung wirklich gerecht: Die Jungen und Mädchen arbeiten während des Projekts intensiv zusammen, suchen gemeinsam Lösungen, tauschen sich aus. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Altersspanne der Teilnehmer von 14 bis 18 reicht und auch die Gruppengröße stark variiert.

So arbeitet eine 7er-Gruppe an der Analyse der Logik des so genannten magischen Quadrats, während der 16jährige Alexandre und die ein Jahr jüngere Mara zu zweit an einer Kryptographie-Aufgabe, nämlich der Entschlüsselung von Buchstaben-Codes, arbeiten. Yul (14) und Francine (15) wiederum entwickeln ebenfalls im Duo die effiziente Einstellung von Verkehrsampeln. Weitere sechs Schüler versuchen die Formel zu knacken, mit der sich bei einem Kartentrick benennen lässt, wer welche Karten in der Hand hält. Die Ausgangsmotivation der Teilnehmer war dabei so vielseitig wie die Art der vorgeschlagenen Probleme: Während z.B. Mara auch auf Inspiration einer Freundin hin zu MATh.en.JEANS kam, reichte bei Yul, der sich Mathe auch als Job vorstellen kann, die „Werbung“ im Unterricht als Initialzündung.

Nachhaltiges Konzept mit einem Kongress in Nancy

Einige Wochen nach Projektbeginn ist von der unterschiedlichen Ausgangslage nichts mehr zu sehen, wie auch Bruno Teheux, der die mittags oder nachmittags stattfindenden Gruppenarbeiten einmal im Monat mit betreut, zufrieden feststellt: „Wir geben den Jungen und Mädchen die Möglichkeit, sich von Mathe und nicht zuletzt von den eigenen Fähigkeiten Lösungen finden, überraschen zu lassen. Das spornt alle an. Dabei spielt auch der Langzeitcharakter eine Rolle, sowie ein Besuch der Uni Luxemburg im Dezember bzw. die Teilnahme am MATh.en.JEANS-Kongress Ende März in Nancy.“

Im nachhaltigen Konzept sieht auch Geneviève Harles eine Hauptstärke von MATh.en.JEANS: „Die Schüler arbeiten ja bei allem Spielcharakter nicht an vielen kleinen Aufgaben mit schnellen Lösungen, sondern jeweils an einer einzigen großen Herausforderung. Die Aussicht, das Resultat am Ende in offiziellem Rahmen präsentieren oder zeigen zu können, ist dabei eine ideale Motivationsgrundlage. Diese hilft Enttäuschungen im Laufe des Projekts zu überwinden und hat den pädagogischen Wert, eine gesunde Hartnäckigkeit zu fördern.“ Wer möchte, kann diese Hartnäckigkeit auch nach der Reise nach Nancy ausleben. Interessierte Schüler können im Anschluss einen Artikel erstellen, der ihr Projekt Mitschülern näher bringt und somit den Bekanntheitsgrad von MATh.en.JEANS fördert.

Autor: Sven Hauser
Foto: Sven Hauser

 

Infobox

Mathematik am Puls der Zeit 

Als MATh.en.JEANS (Méthode d’Apprentisage des Théories mathématiques en Jumelant des Etablissements pour une Approche Nouvelle de Savoir) 1989 in Frankreich ins Leben gerufen wurde, war die Welt noch recht analog. Heute ist sie digital – und demnach Mathe überall. Hier sieht auch Jean-Marc Schlenker, Professor an der Uni Luxemburg, der im Schuljahr 2015/2016 einen MATh.en.JEANS Workshop im Jahr begleitet hat, den Mehrwert: „Wir wollen eine wissensbasierte Gesellschaft schaffen, und dazu gehört Mathe. Wir sehen, dass sich junge Erwachsene wieder für Mathe zu interessieren beginnen, nachdem sie als Jugendliche häufig das Interesse verloren haben. Letzteres durch Praxisnähe zu vermeiden, ist das Hauptziel von MATh.en.JEANS.“ Diese Zielen hat sich auch das Scienteens Lab der Uni Luxemburg verschrieben, unter dessen Schirmherrschaft das Projekt MATh.en.JEANS an der Uni betreut wird.

 

Auch interessant

Jonk Fuerscher Mathematische Forschung an einem dreidimensionalen Billardspiel

Ein junger luxemburgischer Forscher beschäftigt sich mit einem ganz besonderen mathematischen Problem: Wie sieht die Lau...

Geometrie Experimentéier mat engem Möbiusband aus Kaddospabeier

E Möbiusband ass eng zweedimensional Fläch, déi nëmmen eng Säit an eng Kant huet. Faszinéierend!

FNR
Schwankungen auf dem Prüfstand! Die Kunst das Wesentliche vom statistischen Rauschen zu trennen

Auf der Suche nach Wissen testen Wissenschaftler*innen ihre Hypothesen, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Entdecke, wie d...

Auch in dieser Rubrik

Artifizielle Intelligenz
Die Entwickler der Zukunft Wer wird die Software der Zukunft programmieren?

Angesichts der steigenden Nachfrage nach Software gibt es nicht genügend Entwickler um diese zu programmieren. Der Forscher Jordi Cabot erklärt, wer diese Lücke in Zukunft füllen könnte.

KI und Sportstatistik Wer wird Fußball-Europameister?

Mit Hilfe einer KI haben Forscher (u.a. aus Luxemburg) ermittelt, wer am wahrscheinlichsten Europameister wird. Wer? Welche Faktoren bestimmen die Siegeschancen? Und wie wurde die KI trainiert?

Fußball und Wissenschaft BVB: Wird ein luxemburgischer Forscher Borussia Dortmund in Zukunft helfen?

Am 1. Juni spielt Borussia Dortmund gegen Real Madrid im Champions League Finale. In Zukunft könnte der BVB auf die Dienste von Christophe Ley und dem MIDAS-Team der Uni Luxemburg, zurückgreifen

Cybersecurity Cyberangriff auf Luxemburg: Fragen an Experten

Prof. Marcus Völp der Universität Luxemburg über die Cyberangriffe der vergangenen Woche und der Zukunft.