Fondation Jeunes Scientifiques Luxembourg
Steve Mendeleev spielt manchmal Billard - zweidimensional und auf einem echten Tisch. Vor kurzem hat er jedoch über ein dreidimensionales Billardspiel veröffentlicht und wurde damit (zum zweiten Mal!) zum Gewinner des nationalen Wettbewerbs "Jonk Fuerscher 2023", der von der Fondation Jeunes Scientifiques Luxembourg (FJSL) organisiert wird.
Als frischgebackener Absolvent der International School of Luxembourg ist er nun eingeladen, seine Ergebnisse nächstes Jahr in Taiwan vorzustellen.
In einem Satz: Wie lautet der Pitch von Steves Projekt?
Die Muster einer Kugel zu erforschen, die in einem Parallelepiped hüpft!
Und dafür braucht man einen dreidimensionalen Billardtisch. Aber was ist das eigentlich?
Dieser Billardtisch ist in Wirklichkeit ein Parallelepiped, dessen Kanten eine Länge haben, die einer ganzen Zahl entspricht. Die Kugel (gleichzusetzen mit einem materiellen Punkt) bewegt sich geradlinig und mit konstanter Geschwindigkeit. Sie prallt von den Seiten nach einem einfachen Gesetz ab: Der Einfallswinkel ist gleich dem Reflexionswinkel, in diesem Fall 45°. Es werden keine Interferenzen (Reibung des Teppichs, Luftwiderstand) berücksichtigt; es ist also ganz anders als in der Realität.
Und nun? "Wir erlauben der Kugel, von jeder der acht Ecken aus zu starten, was zu einer periodischen Laufbahn führt. Ich habe die Berührungspunkte zwischen der Kugel und den Seiten untersucht; ihre Eigenschaften lassen sich mathematisch beschreiben", erklärt Steve. Deshalb ist das dreidimensionale Billard auch als arithmetisches Billard bekannt.
Wie kann man den unvorhersehbaren Weg einer Billardkugel mathematisch beschreiben?
"Prof. Antonella Perucca (von der Universität Luxemburg), die meine Arbeit betreute, schickte mir ein Computerskript. Dieses wurde in einer Programmiersprache namens "Python" (siehe Infobox) geschrieben und von einem Wissenschaftler entworfen, der am selben Thema arbeitet. Es simuliert die Laufbahn der Kugel in genau solch einem Billardspiel. Ich verbrachte eine Woche damit, das Skript zu verbessern, damit es mehr Merkmale einbeziehen kann (Wie lange braucht die Kugel für eine ganze Strecke? Wie oft berührt sie die Kanten? usw.)".
"Ich verbrachte dann den Großteil meiner sechsmonatigen Forschungsarbeit damit, dieses Programm mit Hunderten von Beispielen zu füttern. Bei der Untersuchung der Ergebnisse (d. h. aller möglichen Kombinationen der zurückgelegten Wege) fielen mir Muster auf. Daraufhin musste ich die richtigen Fragen finden, um aus diesen Mustern mathematische Gleichungen zu machen."
Diese Art von Ansatz erfordert viel Vision: Es ist nicht einfach, in einer langen Reihe von Zahlen einen Sinn zu finden!
Infobox
Für Menschen, die sich nicht mit Informatik beschäftigen, kann es schwierig sein, sich ein solches Werkzeug vorzustellen. Tatsächlich handelt es sich bei Python um eine Art Sprache. Das bedeutet, dass man durch Beherrschung einer bestimmten Syntax ein "Skript" erzeugen kann, das in der Lage ist, bestimmte Aufgaben auszuführen. Die Syntax besteht aus den Regeln, die eingehalten werden müssen, damit eine Code-Zeile "gelesen" und ausgeführt werden kann. Jedes Wort zählt, ebenso wie die Platzierung jeder Klammer und jedes Satzzeichens - genau wie in der menschlichen Sprache. Kurz gesagt: Programmieren heißt, die Dialektik der Maschine zu beherrschen!
Python ist eine beliebte Sprache für Programmierer, da sie relativ einfach zu verwenden, vielseitig und Open Source ist. Es gibt unzählige Anwendungsmöglichkeiten, von Handy-Apps bis hin zu Algorithmen für maschinelles Lernen.
Hier ist ein Beispiel für eine Code-Zeile in Python, die einen bestimmten Satz auf dem Bildschirm anzeigt:
print("Was für ein schöner Artikel!")
Wie sieht Forschung in der Mathematik aus?
Zunächst muss man die richtige Fragestellung finden, was gar nicht so einfach ist! Denn das Rätsel, das man lösen möchte, muss mathematisch zugänglich sein und darf noch nicht zuvor gelöst worden sein.
Steve berichtet: "Als ich auf dreidimensionale Billardspiele stieß, habe ich zunächst die gesamte Literatur zu diesem Thema gelesen. Dann sammelte ich die Daten. Ich fütterte mein Computerprogramm mit Hunderten von Beispielen, was den Großteil meiner Zeit in Anspruch nahm. Der Prozess war nicht linear: Ich fand nicht alle Muster auf einmal. Ich beobachtete die Rohdaten, fand Muster, bemühte mich, sie mathematisch zu erklären – dann kehrte ich zu den Daten zurück, fand noch mehr Muster… usw. Manchmal glaubt man, ein Muster zu entdecken, aber es ist in Wahrheit eine Sackgasse; das kann viel Zeit kosten."
Um auf andere Gedanken zu kommen, geht Steve gerne spazieren. Dabei versucht er, bloß nicht an seine Forschung zu denken. Eine der Lösungen fiel ihm übrigens bei einer Runde Bowling ein!
Muss man ein Mathe-Genie sein, um in diesem Bereich zu forschen?
Steve ist der Meinung, dass dies nicht der Fall ist. Er selbst hatte nicht immer eine Leidenschaft für Mathematik; sein Interesse wurde erst nach und nach geweckt. Seiner Meinung nach kann jeder in Rohdaten bestimmte Muster erkennen. Die mathematischen Gleichungen, die diese Muster erklären, erfordern natürlich den Erwerb einiger Kenntnisse – aber das ist nicht das Wichtigste. Er sagt dazu: "Das Erwecken des Interesses ist das wichtigste Element. Man muss wirklich an einem Problem und seinen Lösungen interessiert sein; alles andere ergibt sich daraus, unabhängig vom Thema."
An alle jungen Forscher: Mach mit beim Programm "Science:Next" der Fondation Jeunes Scientifiques! "Science: next" ist ein außerschulisches Weiterbildungsprogramm, das jungen Wissenschaftlern zwischen 11 und 21 nützliche Fähigkeiten vermittelt für die Vorbereitung auf den nationalen Jonk-Fuerscher-Wettbewerb und die Aufnahme bei einem Studium. Mehr Infos und Programm 2023/2024 in diesem Artikel:
Autorin: Diane Bertel
Redaktion: Michele Weber (FNR)
Dieser Artikel ist Teil einer Serie
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