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Herr Dr. Junk, sie sind Klimaforscher am Luxembourg Institut of Science and Technologie (LIST). Was halten Sie von der Protestbewegung, die heute für mehr Klimaschutz auf Luxemburger Straßen geht?

Man kann solche Proteste nur unterstützen! Die Jugendlichen, die jetzt demonstrieren, und deren spätere Kinder, werden die Leittragenden für die Versäumnisse der heutigen Generation sein. Dieser Protest ist notwendig und wird auch von der Wissenschaft in der „Scientists-for-future“ Bewegung unterstützt. Die Bedrohung ist sehr real, sowohl für die Ökosysteme, als auch für uns Menschen und es bleibt nur noch wenig Zeit, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen

Ist das Kind nicht schon lange im Brunnen?

Nein. Alles, was wir tun können, um den Klimawandel zu verlangsamen ist sinnvoll. Die Klimamodelle der Forschung zeigen: Wenn wir klug handeln, können wir das 1.5 Grad Ziel von Paris noch erreichen und die negativen Folgen so gering wie möglich halten. Wenn wir allerdings so weiter machen wie bisher – fossile Energien nutzen, im Winter auf tropische Früchte bestehen – werden die Folgen drastisch sein und die Temperaturen erheblich ansteigen.

Dennoch gibt es Menschen, die nicht glauben, dass es einen Klimawandel gibt, oder dass dieser anthropogen verursacht ist…

Hier musst man zwei Gruppen unterscheiden: Tatsächliche Skeptiker, denen man mit Aufklärung begegnen kann und die Tatsachen erläutern kann. Und auf der anderen Seite Klimawandelleugner: Das sind diejenigen, die im Grunde wissen, dass sie im Unrecht sind, den Klimawandel aber trotzdem bestreiten. Dahinter stecken zum Teil große Thinktanks und politische Motivationen von Personengruppen, die mit fossiler Energie ihr Geld verdienen. Interessanterweise wird das, was gelegentlich als »Kontroverse« beschrieben wird, durch solche Gruppen künstlich geschürt. In der wissenschaftlichen Gemeinschaft gibt es einen breiten Konsens, dass der Klimawandel existiert und menschgemacht ist. Von einer »Kontroverse« kann hier nicht die Rede sein.

Wie kann man denn der Kritik der Leugner und Skeptiker begegnen?

Zum einen können wir auf lange Messreihen zurückgreifen und können hierüber einen Temperaturanstieg inzwischen klar belegen, zudem können wir Änderungen in natürlichen Archiven wie Eisbohrkernen, Sedimentkernen, Baumringen und vielem mehr nachweisen…

Was ja eine natürliche Schwankung sein könnte…

Natürlich. Wenn man aber Klimamodelle benutzt, untersucht man zunächst deren Gültigkeit, indem man testet, wie gut sie das Klima der Vergangenheit simulieren. Und an dieser Stelle zeigt sich ganz klar: Wenn man das Klima ohne den menschgemachten CO2-Anstieg versucht abzubilden, scheitern die Modelle. Nur wenn man die Treibhausgasemissionen des Menschen berücksichtigt, gelingt eine verlässliche Simulation. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Emissionen der Grund für den Klimawandel sind. Hinzu kommt, dass es zwar auch in der Vergangenheit Warmzeiten und Kaltzeiten gab, ein so rapider Anstieg wie derzeit aber bisher niemals stattgefunden hat.

Die Proteste richten sich an die Politik. Wie kann die Wissenschaft auf diese größeren Einfluss nehmen?

Das ist nicht einfach, denn es handelt sich um zwei – gleichberechtigte und unabhängige – Teilsysteme der Gesellschaft. Als Wissenschaftler können wir die Fakten nur auf solche Weise aufbereiten, dass sie nachvollziehbar auch für Nicht-Experten sind. Die Entscheidungen müssen dann in der Politik getroffen werden. Die Krux ist, dass wir in der Wissenschaft versuchen, klare Ergebnisse zu erzielen, während die Politik auf der Kunst beruht, Kompromisse zu finden, die für alle akzeptabel sind. Ich habe aber den positiven Eindruck, dass beide Seiten in den vergangenen Jahren deutlich besser darin geworden sind, miteinander zu kommunizieren.

Die wissenschaftliche Gemeinschaft ist sich einig: Ein Klimawandel findet statt und ist menschgemacht. Jürgen Junk schätzt, dass dies Konsens unter 95% der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinne ist. Das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), eine zwischenstaatliche Organisation, in dessen Auftrag tausende von Forscherinnen und Forschern ihre Ergebnisse zusammentragen, spricht dementsprechend auch eine eindeutige Sprache und formuliert: „Die Erwärmung des Klimasystems ist unzweifelhaft, und seit den 1950er Jahren sind viele der beobachteten Veränderungen über Jahrzehnte bis Jahrtausende beispiellos. Die Atmosphäre und der Ozean haben sich erwärmt, die Mengen an Schnee und Eis sind zurückgegangen, und der Meeresspiegel ist gestiegen.“ Zwischen dem Jahr 1880 und dem Jahr 2012 hat die globale Durchschnitttemperatur laut dem IPCC um 0,85 Kelvin zugenommen. Dem häufig vorgebrachten Einwurf der „Klima-Skeptiker“, dass sich das Klima schon immer verändert habe, begegnen die Forscher, indem sie den Klimawandel in Modellen zweifelsfrei auf die gestiegenen CO2-Werte zurückführen können, die klar dem Menschen zuzuschreiben sind. Im IPCC-Bericht heißt es dazu: „Die anthropogenen Treibhausgasemissionen sind seit der vorindustriellen Ära gestiegen, was vor allem auf das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum zurückzuführen ist, und sind heute höher denn je. Dies hat zu atmosphärischen Konzentrationen von Kohlendioxid, Methan und Lachgas geführt, die zumindest in den letzten 800.000 Jahren beispiellos sind. Ihre Auswirkungen wurden zusammen mit denen anderer anthropogener Treiber im gesamten Klimasystem nachgewiesen und sind höchstwahrscheinlich die Hauptursache für die seit Mitte des 20. Jahrhunderts beobachtete Erwärmung.“ Belege für steigende CO2-Werte und höhere Temperaturen finden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei in vielfältigen Archiven: Beispielsweise messen sie in Gasblasen, die in Eisbohrkernen eingeschlossen sind, direkt CO2-Konzentrationen, Rekonstruieren aus chemischen und biologischen Parametern von Sedimentkernen frühere Temperaturen oder vermessen Baumringe, um Klimaveränderungen nachzuvollziehen. Eine übersichtliche Zusammenstellung der Ergebnisses des IPCC findet sich hier

 

Infobox

Dr. Jürgen Junk - Kurzlebenslauf

Der Klimawissenschaftler Dr. Jürgen Junk erforscht am LIST den Einfluss des Klimawandels auf Luxemburg und die Großregion. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich der Biometeorologie, sowie des Einflusses des Klimawandels auf den Agrar- und Wasserwirtschaft.

Autor: Tim Haarmann

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