© Scripps Research Institute
Rudi Balling berichtet von seinem 6-monatigen Forschungsaufenthalt in den USA.
Jetzt sind wir schon sechs Wochen in San Diego. Meine Frau Anne und ich haben uns eingelebt. Wir wissen, wo wir am besten unsere Lebensmittel einkaufen, wie wir den Feierabend-Stau umgehen und wo man die besten Tacos essen kann.
Forschungsprojekt nimmt Formen an
Auch mein Forschungsprojekt nimmt Formen an: Am Scripps-Institut läuft das unter dem Thema „Wellderly“. Das Wort zieht die Begriffe „Wellness of the Elderly“ zusammen. Die Frage dahinter ist, warum einige Menschen – aber nicht alle – bis ins hohe Alter gesund und fit bleiben und den typischen Alterserkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Alzheimer entkommen.
Hier in San Diego wird intensiv an Diabetes gearbeitet. Das ist eine typische Life-Style-Erkrankung, die durch zu kalorienreiche Ernährung und zu wenig Bewegung begünstigt wird. Sie führt zu einer sogenannten Insulin-Resistenz: Der Körper produziert zwar noch Insulin, dieses kann aber nur eingeschränkt seiner Aufgabe nachkommen, den Blutzuckerspiegel zu senken. Warum das so ist, weiß man nicht. Wir kennen nur die Konsequenzen zu hoher Blutzuckerkonzentrationen: Gefässschäden, Herzinfarkt und Schlaganfall.
Link zwischen Diabetes und Parkinson?
Am LCSB in Luxemburg forschen wir hauptsächlich an neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer. Diese werden hauptsächlich als typische Alterserkrankungen eingestuft. Könnte es aber sein, dass auch neurodegenerative Erkrankungen etwas mit unserem veränderten Lebensstil zu tun haben? In der Tat spricht einiges dafür: Unter Diabetikern findet man etwa 30 % häufiger Parkinson als bei Nicht-Diabetikern.
Die Arbeitsgruppe am Scripps, in der ich mein Sabbatical mache, koordiniert die sogenannte „All of US-Studie“. Mit ihr wollen Wissenschaftler herausfinden, wie Veränderungen im Lebensstil unsere Gesundheit im Alter beeinflussen. In der Studie soll eine Million Amerikaner in den nächsten fünf Jahren sehr detailliert untersucht werden: Blutanalysen, Genomsequenzierung oder Bewegungs-Tracking mit „Smart Devices“, also tragbaren Sensoren in der Armbanduhr oder im Smartphone, gehören dazu. Auch was sie essen, wird dokumentiert. Die Teilnehmer fotografieren dazu vor dem Essen ihre Speisen mit dem Handy.
Künstliche Intelligenz und Machinelles Lernen
Das wird natürlich zu einer enormen Datenmenge führen. Damit diese nicht in einem enormen Datenfriedhof landen, sollen Computer all diese Daten auswerten. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind Techniken, die dafür notwendig sind. Damit ich sie vernünftig in meinem eigenen Forschungsprojekt am Scripps einsetzen kann, muss ich es aber erstmal mit menschlicher Intelligenz versuchen. Schauen wir mal, ob ich dann etwas zu dem langfristigen Ziel der luxemburgischen Altersforschung beitragen kann: Möglichst spät gesund sterben.
Videos (auf Englisch):
Meet the Wellderly
All of US Forschungsprogramm
Autor: Rudi Balling
Video: Scripps Research Institute
Rudi Balling Direktor des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine legt bis zum Herbst ein Sabbatical ein. Diese akademische "Auszeit" nutzt der 64 Jährige für einen Forschungsaufenthalt in den USA, mit finanzieller Unterstützung des INTER Mobility Fördermittels des Fonds National de la Recherche (FNR). In dieser Kolumne berichtet er alle zwei Wochen von seinen Erlebnissen und Erfahrungen. Die Kolumne wurde ursprünglich im Luxemburger Wort veröffentlicht und ist hier mit freundlicher Genehmigung des Luxemburger Worts und der Universität Luxemburg reproduziert.