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Zwei Drittel meines Sabbaticals am Scripps-Institut in Kalifornien sind vorbei. Ende September geht’s wieder zurück nach Luxemburg.
Vergangene Woche habe ich trotzdem noch einen kurzen Abstecher nach Europa gemacht. Ich war zu einem Vortrag auf der „Curious“-Konferenz in Darmstadt eingeladen und habe die Gelegenheit genutzt, am LCSB vorbeizuschauen.
Kampf gegen die Müdigkeit
Während das LCSB mir wie ein Formel-1-Auto bei Vollgas vorkam, hing ich in den Seilen. Die Anspannung des Vortrags trug dazu sicher dazu bei. Der Hauptgrund aber war der Jetlag.
Westeuropa und Kalifornien haben einen Zeitunterschied von neun Stunden. Nach meiner Ankunft in Luxemburg habe ich unruhig geschlafen. Als ich am nächsten Morgen um 8 Uhr ins LCSB kam, zeigte meine innere La-Jolla-Uhr 23 Uhr an. Erst ging das ja noch, aber je weiter der Vormittag voranschritt, umso gelähmter fühlte ich mich.
Im Laufe des Nachmittags fielen mir dann öfter die Augen zu. Nicht gerade höflich, wenn einem die Mitarbeiterin mit funkelnden Augen ihre Forschungsergebnisse der letzten drei Monate zeigen will. Trotzdem konnte ich auf Verständnis hoffen – alle wussten von meinem Jetlag.
Link zwischen Schichtarbeit und Diabetes?
Glücklicherweise ist das bei mir kein Dauerzustand. Anders geht es Menschen, die im Schichtdienst arbeiten: Krankenschwestern, Polizisten, Feuerwehrleute und viele andere, die bis weit in die Nacht schuften oder sich bereits um 3 Uhr morgens wieder auf den Weg zur Arbeit machen.
Jetlag und Nachtarbeit führen zu starken Änderungen des Schlaf-Wachrhythmus. Wenn wir regelmässig diesen Rhythmus durcheinanderbringen, kann das Gesundheitsstörungen zur Folge haben. So ist z.B. die Häufigkeit von Diabetes bei Schichtarbeitern erhöht.
Chaos bei der Funktion der inneren Organe
Die Erklärung: Die Funktion unserer Organe wird stark von unserer inneren, biologischen Uhr gesteuert. Alles kommt der Reihe nach – erst die Verdauung, dann die Verstoffwechslung, dann die Versorgung der Organe mit Nährstoffen und schliesslich der Abtransport des Mülls.
Das eine geschieht am Tag, das andere in der Nacht. Wenn aber das Mittagsessen um 23 Uhr vor der Tür steht und die Müllabfuhr kommt, bevor ich den Müll rausgestellt habe, dann entsteht Chaos.
Zusammenhänge mithilfe von Smart Devices analysieren
Am Scripps diskutieren wir, wie wir Smart Devices nutzen können, um diese Zusammenhänge besser zu analysieren: Wie reagieren verschiedene Stoffwechsel-Typen auf Schichtarbeit und Jetlag? Was passiert genau, wenn Mahlzeiten zur Unzeit eingenommen werden? Wie kann dann eine individuelle, vernünftige Ernährung aussehen? Wenn wir dazu bessere Daten erheben können, wäre das ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis der inneren Uhr und des Einflusses von Störungen im Biorhythmus.
Ich hatte nach meiner Rückkehr nach La Jolla wenig Zeit, den Jetlag auszukurieren. Am Sonntag zurück; Montag morgen 9 Uhr Gruppenbesprechung. Das war die Zeit, als in Belval schon wieder der Feierabend-Stau anfing.
Rudi Balling Direktor des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine legt bis zum Herbst ein Sabbatical ein. Diese akademische „Auszeit“ nutzt der 64 Jährige für einen Forschungsaufenthalt in den USA, mit finanzieller Unterstützung des INTER Mobility Fördermittels des Fonds National de la Recherche (FNR). In dieser Kolumne berichtet er alle zwei Wochen von seinen Erlebnissen und Erfahrungen. Die Kolumne wurde ursprünglich im Luxemburger Wort veröffentlicht und ist hier mit freundlicher Genehmigung des Luxemburger Worts und der Universität Luxemburg reproduziert.
Autor: Rudi Balling
Editor: Michèle Weber (FNR)
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