Armut macht aufgrund des Einkommens- und Statusverlusts sofort unglücklich – ein Gefühl, das sich nicht einmal über einen längeren Zeitraum verbessert. Dies ist die Hauptschlussfolgerung eines Forschungsprojekts von Wirtschaftsprofessorin Conchita D’Ambrosio, Universität Luxemburg, und Wissenschaftlern aus Frankreich und Italien.
„Es war zu erwarten, dass Arme weniger zufrieden mit ihrem Leben sind als Gutsituierte. Jedoch wollten wir herausfinden, ob das Wohlbefinden wiederkehrt, wenn sich die Person mit der Zeit auf die neue Situation eingestellt hat“, erklärt Prof. D’Ambrosio. Die Daten und regelmäßigen Interviews mit über 45.000 in Deutschland lebenden Menschen von 1992-2011 lieferten keine Beweise für eine solche Anpassung. Die Forscher kamen auch unter Anwendung unterschiedlicher Armutsdefinitionen und unter Berücksichtigung gleichzeitig auftretender Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trauerfall, Behinderung und Pensionierung zu dieser Schlussfolgerung. Obwohl in dieser Studie der Einzelne sein Wohlbefinden selbst einschätzte, belegen auch andere Studien, dass dieses Ergebnis recht verlässlich ist.
Ende einer Beziehung und starker Einkommensverlust: derselbe negative Effekt
So hat ein starker Einkommensverlust (bis zur Hälfte der Armutsgrenze) denselben negativen Effekt auf das Wohlbefinden wie das Ende einer Beziehung. Sogar eine Einkommenslage knapp unter der Armutsgrenze hat bedeutende negative Auswirkungen. In beiden Fällen hält das geringe Wohlbefinden so lange an, wie die Person das neue, niedrigere Einkommen bezieht.
Neue Sichtweisen zu einem heißen Thema
Dieses Ergebnis liefert einen wertvollen Beitrag zur Diskussion, ob Geld glücklich macht. Viele Forschungsprojekte untersuchten die Auswirkungen eines höheren Einkommens. Es ist keine große Überraschung, dass reichere Menschen zufriedener mit ihrem Leben sind – jedoch mit der interessanten Nuance, dass mit dem Erreichen eines bestimmten Einkommens das Glücksempfinden langsamer zunimmt. Diese Abhandlung ist eine der wenigen über den Effekt sinkender Einkommen. „Es mag stimmen, dass mehr Geld keine langfristigen Auswirkungen auf das Wohlbefinden hat, aber Einkommensverluste, die zu Armut führen, werden nicht vergessen“, so Prof. D’Ambrosio.
Infobox
Conchita D’Ambrosio ist Professorin für Wirtschaftswissenschaften und forscht seit 2013 im Rahmen des PEARL-Forschungslehrstuhls über soziale Ungleichheiten an der Universität Luxemburg. PEARL (The Programme Excellence Award for Research in Luxembourg) wird finanziert vom “Fonds National de la Recherche Luxembourg” (FNR). Kontakt: conchita.dambrosio@uni.lu
Adaptation to Poverty in Long-Run Panel Data, 2013 - Andrew E. Clark, Paris School of Economics; Conchita D’Ambrosio, University of Luxembourg; Simone Ghislandi, Università BocconiLink : http://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.439441.de