Im MUDAM kannst du gerade das Original eines Theodolits mit Repetitionskreis (Bordakreis) bewundern, das sehr präzise Winkelmessungen ermöglicht. Eine Erklärung.
Historische Bedeutung: Den Meridian der Erde vermessen.
Der Ursprung des Theodolits ist nicht genau bekannt. Seine Erfindung geht mit Sicherheit bis ins 16. Jh. zurück. Das Gerät wurde unter anderem benutzt, um Entfernungen zu feindlichen Schiffen zu bestimmen.
Nach der französischen Revolution wurde der Theodolit mit Repetitionskreis von Méchain und Borda eingesetzt, um die Entfernung zwischen Dünkirchen und Barcelona möglichst exakt zu messen. Warum?
1791 hat die Pariser Académie des Sciences die Einheit des Meters als der zehnmillionste Teil der Strecke vom Pol zum Äquator definiert. Diese musste also gemessen werden. In Wirklichkeit genügt es, einen Teil davon zu messen. Diese riesige Aufgabe wurde zwei Astronomen des Pariser Observatoriums, Jean-Baptiste Delambre et Pierre Méchain, zugewiesen. Sie sollten also die Distanz zwischen Dünkirchen und Barcelona, die ungefähr auf einem Meridian liegen, messen. Doch es ist unmöglich, größere Entfernungen durch direkte Bodenmessungen zu bestimmen, da das unebene Relief die Messungen fälschen würde. Die Landvermesser mussten daher auf Winkelmessungen mit Theodoliten, sowie auf die Triangulation zurückgreifen. Der Repetitionskreis am Theodolit ermöglichte dabei erstaunlich präzise Messungen.
Der Theodolit, ein Winkelmesser.
Der Theodolit ist ein Landvermessungsgerät, mit dem man den Winkel zwischen zwei definierten Richtungen messen kann. Um eine unbekannte Entfernung zu bestimmen, muss zuerst eine Basislänge genau bekannt sein, und man muss zwei Winkelmessungen durchführen. Wie funktioniert das?
Und wie misst man überhaupt einen Winkel (Abb. 1)?
Mit Hilfe des Zielfernrohrs visiert man einen ersten markanten Punkt. Dann dreht man das Fernrohr zusammen mit dem Winkelkreis, um einen zweiten Punkt anzuvisieren. Man kann dann ablesen, wie weit der Winkelkreis gedreht hat: Es ist der Winkel zwischen den beiden anvisierten Richtungen.
Abb. 1 : Messung eines Winkels mit Hilfe eines Zielfernrohrs und einem Winkelkreis.
Wie bestimmt man eine unbekannte Entfernung? Triangulation.
Schau dir Abb. 2 an: Die Entfernung zwischen den beiden Vermessern A und B ist die vorher erwähnte bekannte Basislänge. Sie wurde mit Hilfe von aneinander gereihten Bandmaßen genauestens gemessen. Jeder der beiden Vermessern misst mit dem Theodolit den Winkel zwischen der Richtung zu einem gut erkennbaren Punkt (z. B. ein Kirchturm) und der Richtung zu seinem Kollegen. Somit sind für das Dreieck ABC die Distanz AB und die Winkelmaße in A und B bekannt. Dies ermöglicht die Berechnung der unbekannten Distanzen AC und BC. Die anfänglich unbekannte Lage von C ist auf diese Weise bestimmt worden!
Abb. 2: Die Kenntnis von AB sowie der Winkelmaße in A und B ermöglicht die Berechnung von AC und BC.
Wozu dient der Repetitionskreis?
Gegenüber dem einfachen Theodolit verbessert er die Genauigkeit der Messungen. Man misst mehrere Male denselben Winkel, wobei die Ergebnisse sich auf dem Winkelkreis zusammenzählen. Schließlich teilt man den Gesamtwinkel durch die Anzahl der Messungen. (Abb. 3)
Abb.3:1 – Punkt A mit Zielfernrohr 1, Punkt B mit Zielfernrohr 2 anvisieren. Beide Fernrohre an den Winkelkreis festschrauben. 2 – Winkelkreis mit den Fernrohren soweit drehen bis Fernrohr 1 Punkt B anvisiert. 3 – Punkt A mit Fernrohr 2 anvisieren. Vorher allerdings die von Fernrohr 2 angezeigte Richtung notieren. 10 bis 20 wiederholen, um die Genauigkeit zu erhöhen.
Kunst und Wissenschaft
In der Ausstellung „Eppur si muove“ im MUDAM siehst Du einen Theodolit mit zwei Zielfernrohren und einem Repetitionskreis, hergestellt von Henry Prudence Gambey [1787-1847] in der ersten Hälfte des 19. Jh.
Der Künstler Conrad Shawcross wirft die Frage auf, wie groß wohl 1 Meter, als 10 Millionstel vom halben Meridian, auf den andern Planeten wäre.
Autor: André Mousset (Physiker)
Infobox
Die Ausstellung Eppur si muove . Kunst und Technik, ein gemeinsamer Raum (Und sie bewegt sich doch!) ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen dem Mudam und dem Musée des arts et métiers in Paris. Sie beschäftigt sich mit den vielfältigen Querverbindungen zwischen bildender Kunst und Technik sowie mit dem bedeutenden Einfluss, den die Geschichte von Wissenschaft und Technik auf die zeitgenössischen Künstler hat.
Bespielt wird die gesamte Ausstellungsfläche des Mudam Luxembourg mit etwa 70 Leihgaben (vom 18. Jahrhundert bis heute) aus den prestigeträchtigen Sammlungen des Pariser Museums. Hinzu kommen mehr als 130 Werke von Künstlern, die sich mit den von ihnen thematisierten Konzepten und dem, was sie erfahrbar machen, aber auch durch ihre Herstellungs- und Kooperationsweisen Fragen annehmen, die Technik und Wissenschaft schon seit Jahrhunderten umtreiben.
Die Öffnungszeiten der Ausstellung vom 09/07/2015 bis 17/01/2016:
Montag - Freitag 11h-20h
Samstag - Montag 11h-18h
Feiertage 11h-18h
Geschlossen am 25.12.