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Wichtig ist zu beachten, wo das Hochwasser herkam.

Vor ein paar Wochen gab es viele Überschwemmungen. Das Hochwasser kann dabei oftmals verschmutzt oder gar verseucht sein. Jetzt fragen sich viele Gärtner, Hobbygärtner oder Bauern: “Kann mein Obst und Gemüse noch gegessen werden?”

Wir haben bei Wissenschaftlern nachgefragt. Wir erklären welche Schadstoffe Obst und Gemüse belasten, inwiefern die unterschiedlichen Pflanzen von Verschmutzungen betroffen sind und ob das Obst und Gemüse denn nun noch genießbar sind.

Kann Obst und Gemüse aus Überschwemmungsgebieten noch gegessen werden?

Im Zweifelsfall gilt, Obst und Gemüse, das mit Hochwasser in direkten Kontakt kam, lieber wegzuwerfen. Es hängt jedoch im Detail von der Situation ab.

Welche Schadstoffe können im Hochwasser enthalten sein?

Hochwasser kann viele Mikroben enthalten, also Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten. Außerdem können sich im Hochwasser zahlreiche giftige Chemikalien, wie Pestizide, Öl oder Kraftstoff befinden. Auch Schwermetalle können sich im Wasser lösen und ein Anbaugebiet belasten.

Wie weiß ich, welche Substanzen im Hochwasser in meinem Garten waren?

Das muss man von Fall zu Fall betrachten. Wichtig ist zu beachten, wo das Hochwasser herkam.

Durch die Überschwemmung von Kanalisationen und von Kläranlagen können Bakterien, Viren und Parasiten in die Gärten gelangen. Ist das Hochwasser durch Industriegebiete, Tankstellen oder Keller gelaufen, können sie auch mit chemischen Substanzen wie etwa Heizöl, Erdöl oder Kraftstoff verschmutzt sein. Industriegebiete können zudem mit Schwermetallen wie Cadmium, Quecksilber, Blei oder Nickel verseucht sein. Dies stellt eine ernstzunehmende Gefahr dar. Falls das Flutwasser von einem Feld kommt, können auch Mischungen aus Pestiziden und Düngungsmittel auf die Gartenerde aufgetragen werden.

Um sich sicher zu sein inwieweit das Wasser die Ernte belastet, müssen wissenschaftliche Untersuchungen vor Ort unternommen werden und möglicherweise Proben genommen werden. Betroffene Landwirte können sich bei der Dienstelle der ASTA (Administration des services techniques de l’agriculture) melden. Falls Klärschlamm mit der Anbaufläche in Kontakt kam ist es für Landwirte Pflicht, die Böden auf ihren Gehalt an Schwermetallen untersuchen zu lassen. Betroffene Privatpersonenkönnen lokalen Schaden bei ihrer Versicherung melden.

Welches Risiko geht man ein, wenn man mit Bakterien und Viren befallenes Gemüse verzehrt?

Henri-Michel Cauchie, Wissenschaftler am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) im Bereich ökologische Mikrobiologie zufolge können Krankheitserreger wie Viren, Bakterien und Parasiten sich auf dem Gemüse ablegen und beim Verzehr Darm-und Magenkrankheiten, wie etwa Gastroenteritis, auslösen – aber auch sogar z.B. Hepatitis. Bakterien und Viren, die sich im Wasser befinden, können zudem von den Pflanzen aufgenommen werden. Diese können, trotz dem Immunsystem der Pflanzen, über die Wurzeln aber auch durch die Poren der Blätter in die Pflanze gelangen.

Das Gesundheitsrisiko hängt hierbei von den Konzentrationen der Krankheitserreger im Hochwasser ab. Es muss außerdem von Fall zu Fall betrachtet werden, ob diese noch aktiv sind oder nicht. 

Um das Gesundheitsrisiko zu reduzieren, sollten Obst und Gemüse gründlich gereinigt werden. Mikroben, die sich lediglich auf der Oberfläche vom Gemüse abgesetzt haben, können durch Schälen entfernt werden. Ordentliches Kochen tötet zusätzlich auch Bakterien und Viren, die sich in den Lebensmitteln befinden, ab.

Viren im Hochwasser: Kann man sich mit Obst und Gemüse aus Überschwemmungsgebieten mit SARS-CoV-2 anstecken ?

Nein. Henri-Michel Cauchie analysiert mit seinem Forschungsteam vom LIST regelmäßig die Abwässer der luxemburgischen Kläranlagen im Rahmen des Coronastep-Projekts. Corona-Viren können nur sehr schwer im Abwassergemisch überleben. Es besteht grundsätzlich keine Gefahr, sich beim Verzehr von Gemüse aus Hochwassergebieten mit SARS-CoV-2 anzustecken.

Sind alle Obst-und Gemüsesorten gleich stark von Bakterien und Viren betroffen?

Laut Dr. Thorsten Ruf, Umweltwissenschaftler am Institut fir Biologësch Landwirtschaft an Agrarkultur (IBLA), ist Gemüse, das im Boden wächst, prinzipiell weniger von Mikroben befallen als jenes das über der Erde liegt. Vor allem durch den Kontakt mit gebrauchtem Wasser können jedoch Bakterien und Viren durch die Öffnungen in Wurzeln und Blättern in die Pflanzen gelangen.

Schälen und Kochen kann in manchen Fällen helfen, das Risiko einer Infektion zu mindern. Falls jedoch Kanalisationswasser eine Anbaufläche überflutet, ist es wichtig, in Abwesenheit von quantitativen Daten, das Vorsorgeprinzip anzuwenden und die Ernte nicht zu verzehren. Das empfahl auch das Gesundheitsministerium vergangene Woche in einer Pressemitteilung. Das reale mikrobielle Risiko kann nur durch wissenschaftliche Untersuchungen bestimmt werden.

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Mikrobielle Belastung aus überschwemmten Gebieten bestimmen

Um die mikrobielle Belastung zwischen Obst aus überschwemmten Gebieten zu bestimmen, wird zuerst das Wasser auf Keime untersucht. Dann werden auch Proben von Obst und Gemüse, vor und nach ihrer Reinigung, auf Krankheitserreger untersucht. Zur Abschätzung werden die Resultate mit Obst und Gemüse aus nicht betroffenen Gebieten verglichen.

Risikobewertung: Quantitative microbiological risk assessment (QMRA)

Um zu berechnen welchem Risiko man beim Verzehr von Obst und Gemüse ausgesetzt ist, wird ein theoretisches Modell aufgestellt. Als erstes werden die üblichen Verzehrmengen von verschiedenen Obst- und Gemüsesorten berechnet. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion hängt von der Art der Krankheitserreger und der Aufnahmequantität ab. Diese Methode nennt man in der Wissenschaft auch Quantitative microbiological risk assessment (QMRA).

Wie sind Obst-und Gemüsesorten Öl und Schwermetallen ausgesetzt?

Öl und Kraftstoffe können sich bei Überflutung auf Gemüse und Früchten ablegen.

Bei direktem Kontakt können organische Schadstoffe (wie bspw. Öle) in der Wachsschicht der Pflanzen, der Cuticula, angelagert werden. Womöglich können Öle im Boden sogar auch von verschiedenen Pflanzen aufgenommen werden.

Dr. Thorsten Ruf

Besonders problematisch können sich Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) erweisen, die sich in Erdöl, Heizöl, und Kraftstoff befinden. Diese können aus Industriegebieten, Tankstellen oder aus privater Lagerung in das Wasser und in die Böden gelangen. Die Ernte die in direktem Kontakt mit verunreinigtem Wasser war, sollte nicht gegessen werden.

Diese Stoffe können sich auch langfristig im Flussbett und in den Erdschichten ablagern. Falls diese Stoffe jedoch stark im Hochwasser verdünnt waren (diffuse Verschmutzung), besteht laut Umweltamt kein erhebliches Risiko für die nächsten Ernten oder für Obstbäume.

In Öl und Kraftstoff befinden sich zudem auch Schwermetalle. Diese stellen ein weiters Problem dar.

Obstbäume nehmen, in der Regel, Schwermetalle leichter auf als Beerensträucher oder Bodengemüse. Deshalb werden diese etwa in Industriegebieten benutzt, um Böden von Schwermetallen zu reinigen. Dies nennt man Bioremediation.

Dr. Henry-Michel Cauchie

Hier kommt es aber auch wieder auf den Grad der Verschmutzung an, also auf die aufgenommene Menge an Schwermetallen. 

Ein paar praktische Empfehlungen 

Das Umweltamt empfiehlt folgende Maßnahmen für Betroffene:

Angeschwemmte Schlammschichten sollten entfernt und nach Zwischenlagerung und Trocknen entsorgt werden. Die darunter liegende Erde muss nicht unbedingt abgetragen werden.

Die oberen 10 Zentimeter der überschwemmten Gartenerde können umgegraben werden, um die Belüftung des Bodens zu fördern. Dies trägt zur Zersetzung von einigen organischen Schadstoffen, wie z.B. MKW, bei.

Im Zweifelsfall wird empfohlen, Untersuchungen von einer akkreditierten Umweltstelle (mit Zulassung E5 und F3) durchführen zu lassen. Diese Umweltstellen können auch Rat zu den Entsorgungsmaßnahmen erteilen.

Ab wann kann man einen verseuchten Garten wieder benutzen?

Dies ist laut Dr. Thorsten Ruf eine Einzelfallentscheidung und hängt davon ab, in welchem Maß die Böden und bestimmte Pflanzen betroffen sind. Die Ernte wird dieses Jahr in zahlreichen Gebieten vernichtet werden, wenn sie zu viele Schadstoffe enthält. Laut Dr. Ruf ist es schwierig, die Langzeitfolgen einzuschätzen. Es könnte eine mögliche Akkumulation in den Böden geben, dies sei jedoch situationsbedingt und hänge u.a. von den jeweiligen Abflussbedingungen ab.

Für Dr. Cauchie braucht es Langzeitanalysen. Falls die Böden eine zu hohe Toxizität aufweisen, wird die Anbaufläche als kontaminiert erklärt und nicht mehr genutzt. Dies kann z.B. nahe an Industriegebieten der Fall sein. Es sei auch schwierig, die Böden von PAK zu reinigen, da diese im Vergleich zu Schwermetallen nicht wasserlöslich sind und zudem nur schlecht von Pflanzen gebunden werden.

Dr. Ruf ist in Gedanken bei den Landwirten, die große Schäden erleiden mussten: “Es braucht Solidarität, um ihnen einen Wiederaufbau zu ermöglichen.”

Autor: Erwin Reiter
Editoren: Jean-Paul Bertemes, Joseph Rodesch, Michèle Weber (FNR)

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Kann aufbereitetes Abwasser in der Landwirtschaft zur Bewässerung benutzt werden?

Dr. Cauchie zufolge, ist bereits aus der Forschung bekannt, dass Abwasser nach Aufbereitung in der Landwirtschaft nicht problemlos genutzt werden kann. Obwohl die Anwesenheit von Bakterien und Viren durch verschiedene Reinigungsstufen vermindert wird, kann die Konzentration im Endeffekt noch zu hoch sein um aufbereitetes Wasser in der Landwirtschaft nutzen zu können.

Bei Überschwemmungen vermischt sich jedoch auch nicht aufbereitetes Kanalisationswasser mit Regen- oder Flusswasser. Es gibt bisher nicht genug Studien die untersuchen, welche Gefahr dies für die Gesundheit darstellen könnte.

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