(C) University of Luxembourg
“Als Luxemburger auf eine luxemburgische Universität: das passt!”, dachte Mike Tibolt aus Heisdorf, als er 2004 nach seinem Abitur einen Studienort suchte. Nach fast zehn Jahren Studium und Forschung verlieβ er als einer der Pioniere die Uni Luxemburg mit der Doktorwürde.
Kaum ein Jahr alt war die Luxemburger Universität, als Mike Tibolt sich einschrieb. “Da ging es mit der Uni gerade los und ich fand es toll, von Anfang an dabei zu sein”, erzählt er. Weil er seine Lieblingsfächer Chemie, Physik und Mathematik praktisch anwenden wollte, entschied er sich für ein Ingenieurstudium. Sachlich und präzise schildert der frisch promovierte Bauingenieur seinen Werdegang: der Bachelor, der Master in Hoch- und Brückenbau, die Auslandssemester in Darmstadt, Nancy und Kaiserslautern. Was er nun mit der Uni Luxemburg verbinde? “Mein halbes Leben!”, lacht der heute 31-jährige, “die Uni ist mir schon ans Herz gewachsen”.
Das Semester in Nancy sei seine allergröβte Herausforderung gewesen. Dort war alles ungewohnt: die französische Hochschulkultur mit Hausaufgaben und Anwesenheitspflicht, die anderen Fächer. Mit Fleiβ, Ehrgeiz und der Hilfsbereitschaft von Prof. Dr. Christoph Odenbreit von der Uni Luxemburg meisterte er alles und betont im Rückblick, wie bereichernd es sei, kulturell und fachlich über den Tellerrand zu schauen. Dafür erhielt er damals den "Prix Lanners" für den besten Studenten aller Ingenieurstudiengänge des Jahres an der Uni Luxemburg.
Vom Bachelor über die Promotion in die Industrie
Weil er schon im Bachelor mit dem Gedanken spielte, zu promovieren, arbeitete Mike Tibolt in den Semesterferien als Hilfskraft im Labor. “So kannte ich die Techniker schon, die Maschinen und die Abläufe”, erläutert er und erzählt, wie er dort Testkörper aus Beton und Stahl vorbereitete, die Messtechnik anbrachte oder Ergebnisse von Bruchtests auswertete.
Bei der Suche nach einem Thema für seine Doktorarbeit sprach ihn das Thema Glas- und Stahlbau besonders an, das die Universität im Rahmen des ArcelorMittal-Stiftungslehrstuhls in Stahl- und Fassadentechnik bearbeitet; zudem seien Architekten immer mehr an transparenten Fassaden interessiert, so Tibolt.
Das Forschungsprojekt am “ArcelorMittal Chair of Steel and Façade Engineering” der Universität fand denn auch in Zusammenarbeit mit ArcelorMittal statt. Nach sechs Monaten “lesen, lesen, lesen”, hatte der Ingenieur seine Forschungsfrage gefunden: Kann man Punkthalter – das heiβt kleine, runde Stahlhalterungen für rahmenlose Scheiben - auch auf doppelverglaste, schwere Isolierscheiben anwenden? Hält das überhaupt und wie fixiert man die winzige Halterung auf dem Doppelglas wind- und wetterfest?
Sein Ergebnis:
Ja, es funktioniert – und verbessert Transparenz und Energiebilanz von Glasfassaden erheblich. Auβerdem erweiterte der junge Ingenieur in seiner mit „sehr gut“ ausgezeichneten Arbeit ein Bemessungskonzept für solche Verglasungen. “Ich schrieb sozusagen ein Rezept, mit dem Ingenieure rechnerisch prüfen können, ob die Isolierglasscheibe hält, je nachdem welche Glasgröβe und Halterung sie einsetzen”, erläutert Tibolt.
Mit Rezepten kennt sich der Bauingenieur übrigens aus. Oft habe er die Kollegen montags mit selbst Gebackenem überrascht. “Ich habe vor einigen Jahren ein Rezeptbuch ausgegraben, das mir mein Groβvater geschenkt hatte. Er war Traîteur und Pâtissier”, erzählt er begeistert. Nicht ganz überraschend, aber konsequent ist Dr. Tibolts neue Umgebung: Der junge Wissenschaftler arbeitet nun als Forschungsingenieur in einem achtköpfigen Team bei ArcelorMittal Global R&D, wo er Forschungsprojekte im Stahl- und Verbundbau betreut.
Autor: Sophie Kolb im Auftrag der Uni Luxemburg
Foto: University of Luxembourg
Infobox
Dieser Artikel ist Teil einer Serie Forscher-Portraits, die im Luxemburger Wort veröffentlicht wurden.