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Welche Rolle spielt die Forschung in bildungspolitischen Entscheidungen? Und wie sieht dies konkret im Falle der luxemburgischen Schulreformen aus?
„Die Basis des momentanen Sekundarschulgesetzes stammt aus dem Jahr 1968, die des 2009 abgeänderten Grundschulgesetzes sogar aus dem Jahr 1912. Dass sich seitdem die Gesellschaft geändert hat und dass also auch unser Schulsystem angepasst werden muss, darüber ist sich fast jeder einig“, sagt Jos Bertemes.
Doch wie geht man solch ein bildungspolitisches Projekt an?
Studien statt Bauchgefühl
Früher, so Jos Bertemes, wurden Schulreformen aus dem Bauch heraus gemacht, Traditionen spielten eine wichtige Rolle. Spätestens seit den PISA-Studien können sich Entscheidungsträger nun jedoch auf empirische Studien basieren, die Erkenntnisse über die Kompetenzen der Schüler liefern.
Doch es gibt nicht nur PISA. Jos Bertemes und seine Kollegen sind in zahlreichen Netzwerken aktiv, um immer auf dem letzten Stand der pädagogischen und didaktischen Forschung zu sein. So sind sie stets informiert, was wo in der Welt ausprobiert wird, was gut klappt und was nicht.
Rolle der Forschung in der Bildungspolitik
Seit 2003 arbeiten Jos Bertemes und seine Kollegen an der Schulreform: „Damals wurde die Universität Luxemburg gerade gegründet. Sie war noch nicht so aufgestellt, dass sie den ganzen Prozess hätte begleiten können. Dennoch haben die Forscher der Uni eine wichtige Rolle bei der Evaluierung der Schulreform gespielt“, so Jos Bertemes. Nämlich eine Evaluierung, die kritisch sowohl die positiven wie auch die negativen Punkte der Reform aufzählt.
Nach Jos Bertemes sollten Politiker und Forscher Hand in Hand arbeiten: „Forscher können die Bedürfnisse des Systems aufdecken und während des Entscheidungsprozesses beratend tätig sein. Während der Umsetzung eines Projekts können sie dann mit ihrer Expertise pädagogische und didaktische Hilfestellung leisten, und nach Ende des Projekts können unabhängige Forscher evaluieren.“
Größte Herausforderung für die Forschung: Interventionsmodelle
Doch was schwierig bleibt: Herauszufinden, welche Maßnahmen die besten sind. Um verschiedene Lösungswege auszuprobieren, müssen Interventionen in ein paar Klassen durchgeführt werden. Die Maßnahme wird also in ein paar Klassen getestet. Die dort erzielten Resultate werden dann mit denen von Klassen verglichen, in denen keine Intervention stattfand.
Das Problem: Es gibt immer Unterschiede im Leistungsniveau verschiedener Klassen, wobei z.B. soziale Hintergründe eine Rolle spielen. Diese Unterschiede muss die Forschung herausrechnen, um verwertbare und faire Vergleiche zu erzielen. Die Methodik zu entwickeln, ist also eine der größten Herausforderungen – weltweit. Deshalb kann sich Jos Bertemes hier auf Resultate der Forschung aus aller Welt beziehen.
Kompetenzzentren für spezifisch luxemburgische Probleme
Was nun aber die Forschung in Luxemburg anbelangt, so hat Jos Bertemes konkrete Vorstellungen – unter Berücksichtigung der Forschungsfreiheit: „Wir können den Forschern nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Wir würden uns aber freuen, wenn die luxemburgische Forschung weiterhin in die Richtung ginge, in einigen Bereichen starke Kompetenzzentren aufzubauen, die sich mit spezifisch luxemburgischen Problemen befassen – wie z.B. der Mehrsprachigkeit. Bereits jetzt arbeiten wir eng mit Forschern in Luxemburg zusammen. Und das soll auch in Zukunft so bleiben.“
Doch die Kommunikation wird erstmal schwierig bleiben: „Der Erfolg einer Reform zeigt sich immer erst viele Jahre später“, so Jos Bertemes.
Autor: Jean-Paul Bertemes
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Infobox
Für Jos Bertemes steht bei PISA nicht das finale Ranking im Vordergrund, sondern vielmehr die spezifischeren Rankings, an denen man z.B. ablesen kann, wie luxemburgische Schüler auf eine bestimmte Art von Problem reagieren. Diese Resultate gilt es gut zu interpretieren und auf den jeweiligen Kontext anzuwenden.
Schneiden luxemburgische Schüler im Vergleich schlecht ab, muss man sich fragen: Welche Relevanz hat diese Art von Problem für die Entwicklung der Schüler, für unser Schulsystem? Und was sind die Gründe für das schlechte Abschneiden?
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