(C) Andy Genen
Endlich hört es auf zu regnen. Lizzie und Nouga jubeln. Draußen ist zwar noch immer alles nass, aber die beiden sind gut ausgerüstet. Mit Gummistiefeln und Regenjacke stapfen sie durchs Dorf. Vor den Häusern am Fluss bleibt Nouga staunend stehen.
Nouga: Warum haben die Leute denn Säcke vor ihre Türen gestapelt?
Lizzie: Ich glaube, das sind Sandsäcke. Meine Mutter hat mal erzählt, dass die vor Häuser gelegt werden, wenn es sehr stark regnet. Sie sollen bei Hochwasser dafür sorgen, dass kein Wasser in die Häuser eindringen kann.
Aber wie kommt es eigentlich zu Hochwasser? Lizzie und Nouga wollen Laurent Pfister am LIST fragen.
Der Forscher hat ihnen neulich den Kreislauf des Wassers erklärt. Am Nachmittag wollen sie ihn nochmals besuchen.
Laurent Pfister: Schaut euch mal diese alte Zeichnung an. Das ist die Landschaft an der Alzette. Seht ihr, wie sich der Fluss durch die Felder schlängelt? Damals war er noch nicht kanalisiert, sondern folgte in Schlangenlinien seinem natürlichen Lauf.
Nouga: Ich erkenne den Hügel wieder, aber der Fluss ist heute ganz anders, gerader. Außerdem führt heute eine Brücke über den Fluss und ringsherum sind Häuser und Felder.
Laurent Pfister: Richtig, Nouga. Die Flussufer waren ursprünglich sehr sumpfig. Häuser oder Straßen konnte man dort nicht bauen. Die Menschen wollten das Land trotzdem nutzen und haben den Boden entwässert und den Fluss in ein neues festes Flussbett gezwängt. Jetzt konnten sie Häuser, Straßen und Brücken bauen.
Lizzie: Deswegen also fließt die Alzette heute schnurgerade durch das Tal. Es sieht ein bisschen so aus, als ob jemand ihre Ufer mit dem Lineal gezogen hätte. Kann man denn einen Fluss einfach so umleiten?
Laurent Pfister: Sonst hätte man die Dörfer an der Alzette nicht errichten können. Aber du hast Recht: Wenn man die Natur zu etwas zwingt, hat das oft Folgen, die nur schwer zu steuern sind. Zu einem Fluss gehört nämlich nicht nur ein Flussbett. Ein Fluss braucht auch eine Aue. So nennt man das Land direkt am Ufer. Führt ein Fluss viel Wasser, kann er auf die Aue ausweichen. Bei starkem Regen werden Auen deshalb überflutet. Das Wasser sickert dann nach ein paar Tagen in den Boden.
Nouga: Aber die Häuser stehen ja ganz nah am Fluss. Wo ist denn die Aue?
Laurent Pfister: Genau da liegt das Problem. Der Mensch hat den Fluss begradigt und nutzt die Aue für sich. Felder, aber auch Straßen und Häuser liegen jetzt ganz nah am Flussbett. Freie Stellen gibt es kaum noch, alles ist mit Beton und Asphalt verschlossen. Führt die Alzette heute nach einem starken Regen viel Wasser, tritt sie natürlich auch über die Ufer. Statt in die Aue fließt das Wasser nun aber auf die Felder oder im schlimmsten Fall in die Häuser.
Nouga: Jetzt verstehe ich, weshalb an den Häusern direkt am Fluss Sandsäcke vor der Haustür lagen. Die Bewohner wollten sich tatsächlich vor dem Wasser schützen.
Autor: Corinne Kroemmer, überarbeitet scienceRELATIONS
Illustrationen: Andy Genen
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Die Erde trägt auch den Namen „Blauer Planet“. Vom Weltall aus ist Blau die vorherrschende Farbe auf der Erde, denn mehr zwei Drittel der Erdoberfläche sind mit Gewässern und Ozeanen bedeckt. Die Erde ist übrigens der einzige bekannte Planet, auf dem Wasser in flüssiger Form vorkommt. Aber Wissenschaftler glauben, dass es auch auf anderen, fernen Planeten Wasser geben könnte, z. B. auf dem Mars.
Die Hydrologie ist eine Wissenschaft, die den Kreislauf des Wassers untersucht. Hydrologen haben das Wasser in, auf und über der Erdoberfläche im Blick, untersuchen die festen, flüssigen und gasförmigen Zustände, wissen wann Wasser wo vorkommt und erforschen, welchen Einfluss Lebewesen auf den Kreislauf haben. Besonders gravierend sind die Einflüsse des Menschen. Er lenkt Wasser um, verschmutzt es und stört den natürlichen Wasserkreislauf. Hydrologen untersuchen, welche Auswirkungen das auf unser Leben hat und können deshalb zum Beispiel vor Hochwasser oder Trockenheit warnen und wissen, wie das Wasser so genutzt werden kann, dass die Natur nicht aus dem Gleichgewicht gebracht wird.