(C) DepositNovic / Shotshop

Neue Studie aus der Gesundheitssoziologie: Zum ersten Mal haben Forscher gezeigt, dass problematische Drogenkonsumenten mit weniger erfolgreichen Bildungs- und Berufslaufbahnen eher an einer Überdosis sterben. Außerdem gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem beruflichen Status der Eltern und der Wahrscheinlichkeit, dass deren drogenkonsumierendes Kind an einer Überdosis sterben wird.

„Bei Opfern von Überdosen ist es doppelt so wahrscheinlich, an einem Abschluss einer weiterführenden Schule gescheitert zu sein, und anderthalb mal so wahrscheinlich, arbeitslos gewesen zu sein, als bei noch lebenden Drogenkonsumenten”, so Alain Origer, nationaler Drogenkoordinator Luxemburgs und führender Forscher bei dieser Studie.

Keinen Unterschied hinsichtlich der Art der Beschäftigung der Eltern

Origer arbeitete in seiner Studie mit Prof. Michèle Baumann zusammen, Gesundheitssoziologin der Universität Luxemburg am Institut  für Gesundheit und Verhalten der Forschungseinheit INSIDE. „Es gab bei Problemdrogenkonsumenten und Opfern von Überdosen jedoch keinen Unterschied hinsichtlich der Art der von den Eltern ausgeübten Beschäftigung“, fügte er hinzu. „Man kann spekulieren, dass sich sozioökonomische Nachteile eher auf das alltägliche Leben des Einzelnen auswirken, als dass sie durch die Erziehung bestimmt sind.”

1. Studie auf Grundlage derart umfassender und ergiebiger Langzeitdatensätze

Diese bahnbrechenden Ergebnisse eines Forschungsteams der Universität Luxemburg ergaben sich aus einer vergleichender Analyse besonders ergiebiger Daten zum Leben von über 1300 Problemdrogenkonsumenten im Großherzogtum Luxemburg zwischen 1994 und 2011. Die Daten enthielten vielschichtige Lebensgeschichten von 272 tödlichen Überdosisfällen und 1056 Problemdrogenkonsumenten mit vergleichbaren Profilen. Problemdrogenkonsum bezieht sich in dieser Studie auf die Einnahme von Opiaten, meist Heroin, und Kokain.

Es handelt sich hier um die erste Studie auf Grundlage derart umfassender und ergiebiger Langzeitdatensätze über die Lebensgeschichten von Drogenkonsumenten. Die Forscher hatten Zugang zu anonymisierten landesweiten Daten von Drogenmissbrauchsstellen, vom nationalen Drogenüberwachungssystem und aus toxikologischen und Autopsieberichten. So war das Team der Universität Luxemburg in der Lage, an das Thema vielschichtiger heranzugehen als frühere Studien in der wissenschaftlichen Literatur. Andere Studien, die sich an einer ähnlichen Methodik versuchten, erwiesen sich aufgrund mangelnder Daten als unschlüssig.

Was kann zur Reduzierung von Überdosen führen?

„Bildungsprogramme, Berufsausbildung und berufliche Wiedereingliederung können zur Reduzierung drogenbedingter Mortalität beitragen”, schlussfolgert Alain Origer. „Durch Integration dieser Maßnahmen in Lebenshilfeprogramme und Entwicklung von Instrumenten zur Gefährdungsbeurteilung könnten Leben gerettet werden.“

Autor: University of Luxembourg
Foto © DepositNovic/Shotshop.com

Infobox

Fachartikel

Der gesamte Fachartikel „Social and economic inequalities in fatal opioid and cocaine related overdoses in Luxembourg: A case-control study” kann im „International Journal of Drug Policy“ hier angesehen werden.

Kontakt

Alain Origer, alain.origer@ms.etat.lu, T. +352 2478 56 25

Auch interessant

Stand der Wissenschaft Verstärken sich die Ungleichheiten in Luxemburg?

Vermögensungleichheiten sind in Europa viel stärker ausgeprägt als Einkommensungleichheiten, die in den letzten 20 Jahre...

Neues aus der Wissenschaft Die wichtigsten Neuigkeiten aus der Forschung in Luxemburg - Mai 2022

Körperliche Aktivität reduziert den Schweregrad von COVID-19 und bald werden Satelliten in der Lage sein, selbstständig ...

Arbeitsmarkt Wie bestimmte Faktoren die Chance auf eine erfolgreiche Bewerbung beeinflussen

Wenn eine Phase der Arbeitslosigkeit im Lebenslauf auftaucht, kann das die Jobsuche erschweren, muss aber nicht. Entsche...

Auch in dieser Rubrik

Menschen, die der Generation 50+ angehören
GESELLSCHAFT UND ALTERUNG Die Generation 50+ im Rampenlicht

Wie geht es der Generation 50+ bei uns? Das untersucht das luxemburgische Team von SHARE, einer langfristigen Studie, die in Befragungen Daten zur Gesundheit, zum Altern und zur Rente erhebt.

Memes und Trends Virale Online-Phänomene: Wie haben sie sich im Laufe der Zeit entwickelt?

Sie verbreiten sich einige Tage lang rasant und gehören fest zu unserem Alltag. Was weiß man über die Geschichte der Online-Viralität? Professorin Valérie Schafer hat sich mit dieser Frage befasst.

Chambre des Députés
Politik und Gesellschaft Europawahlen: Wertewandel im Schnelldurchlauf

Anlässlich der Europawahl zeichnete die POLINDEX-Studie 2024 ein aktuelles Bild der Sorgen, politischen Einstellungen und Wahlmotive der Menschen in Luxemburg.

Forschung zum Zweiten Weltkrieg Individuelle und persönliche Geschichten der Kriegsgeneration in Luxemburg

Die WARLUX-Webseite befasst sich mit den Kriegserlebnissen junger Luxemburger, die während des Zweiten Weltkriegs im deutschen Reicharbeitsdienst und in der Wehrmacht dienten.