© Uwe Hentschel

Arbeitsmarktforscherin Tamara Gutfleisch ist inzwischen am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung tätig

Eine Lücke im Lebenslauf ist nicht zwangsläufig ein Problem. Wer beispielsweise eine Zeit lang ohne Job war, weil er einen Sprachkurs belegt hat oder aber an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat beziehungsweise die Zeit der Arbeitslosigkeit für diese Zwecke genutzt hat, kann dadurch die Chancen seiner Bewerbung sogar erhöhen. Eher von Nachteil ist hingegen, wenn die Lücke auf einen längeren Urlaub oder aber auf gesundheitliche Gründe zurückzuführen ist. Und ganz schlecht ist, wenn sie überhaupt nicht begründet werden kann. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Employers’ hiring decisions in relation to young people in Luxembourg“ (EDYPOLU) der Uni Luxemburg, bei der es darum ging, mit Blick auf die einzelnen Mechanismen des Bewerbungsverfahrens mögliche Hindernisse für eine erfolgreiche Bewerbung junger Menschen zu identifizieren.

Fiktive Profile von Bewerbern erstellt

Dazu wurden zunächst Jobportale im Internet nach aktuellen Stellenangeboten in Luxemburg durchforstet. Ausgewählt wurden dabei gezielt Anzeigen, die sich an junge Menschen mit nur wenigen Jahren Berufserfahrung richten. Und zwar aus den fünf Berufsfeldern Industriemechanik, Finanzen, Gastronomie, Pflege und IT. „Wir haben bewusst Berufe ausgewählt, die sich in der Qualifikation unterscheiden oder aber auch im Anteil der männlichen und weiblichen Mitarbeiter“, erklärt dazu Tamara Gutfleisch, Erstautorin der von Professor Robin Samuel geleiteten Studie.

Die für die Stellenanzeigen zuständigen Personalverantwortlichen wurden dann dazu eingeladen, an einer Online-Befragung teilzunehmen. Gefragt wurde dabei unter anderem, auf welcher Grundlage die Rekrutierenden Entscheidungen treffen. Darüber hinaus wurden den Teilnehmenden der Befragung auch fiktive Profile von hypothetischen Bewerbenden mit unterschiedlichen Charakteristiken vorgelegt. Variiert wurden dabei das Geschlecht, die Nationalität und in einigen der fiktiven Lebensläufe wurden auch noch Phasen von Arbeitslosigkeit eingefügt. Die Rekrutierenden mussten dann jeweils angeben, wie hoch die Chancen der Bewerbenden wären, die von ihnen angebotene Stelle zu bekommen.

Arbeitslosigkeit nach Ausbildung oder Studium fällt weniger stark ins Gewicht

Wie die Auswertung der Ergebnisse zeigt, spielen Phasen von Arbeitslosigkeit bei der Entscheidung durchaus eine Rolle, wobei es einen Unterschied macht, wann diese im Lebenslauf auftauchen. „Wir haben herausgefunden, dass die Personalverantwortlichen es weniger schlimm finden, wenn die Arbeitslosigkeit direkt nach dem Studium oder der Ausbildung erfolgt ist, weil dabei berücksichtigt wird, dass die jungen Menschen dann oft erst mal Zeit brauchen, um einen Job zu finden“, sagt die Soziologin. Wohingegen Arbeitslosigkeit zum Zeitpunkt der Bewerbung insgesamt eher negativ gesehen werde. Letzteres hänge aber auch vom Berufsfeld ab, erklärt Gutfleisch mit Verweis auf entsprechende Studien. Bei Jobs in der Pflege oder Gastronomie, wo allgemein ein Mangel an Arbeitskräften herrsche und es deshalb einfacher sei, einen Job zu finden, falle eine aktuelle Arbeitslosigkeit deshalb womöglich stärker ins Gewicht als bei anderen Berufen.

Zudem deuten die Ergebnisse der Studie laut Gutfleisch darauf hin, dass auch die Nationalität eine Rolle bei den Einstellungsabsichten der Personalverantwortlichen spielt. So wurden luxemburgische Bewerber insgesamt positiver bewertet als ausländische. „Betroffen von einer eher schlechteren Bewertung waren vor allem die Grenzgänger aus Frankreich und Deutschland, und zu finden waren diese Unterschiede vor allem in der Gastronomie“, sagt die Arbeitsmarktforscherin. „Unabhängig von unserem Experiment haben viele Teilnehmer der Studie angegeben, dass die Bewerber mindestens zwei, noch besser drei Sprachen beherrschen sollten“, so Gutfleisch. Und da das bei einem Großteil der luxemburgischen Bevölkerung der Fall sei, könne das eine der Erklärungen für die Bevorzugung einheimischer Bewerberinnen und Bewerber sein. In Bezug auf das Geschlecht seien dagegen keine signifikanten Präferenzen erkennbar gewesen.

Bewerbungsgespräch und Lebenslauf sind wichtiger als Noten

Allerdings räumt die Forscherin ein, dass man aufgrund der geringen Fallzahlen in einigen Berufsfeldern die Unterschiede zwischen diesen Gruppen nur in begrenztem Umfang habe analysieren können. Von den 1342 Rekrutierenden, die man in zur Befragung eingeladen habe, seien nur 140 der Einladung gefolgt. Das sei zwar eine durchaus normale Quote, doch seien die Ergebnisse der Studie nicht repräsentativ. Allerdings, so Gutfleisch, gebe es dennoch einen recht hohen Datensatz, da die Teilnehmenden jeweils mehrere Profile von bewerbenden bewertet hätten Um möglichst aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, wurden für das EDYPOLU-Projekt auch noch die Daten der Befragung aus einer ein Jahr zuvor durchgeführten Pilotstudie mit ausgewertet. Insgesamt kommt das Team somit auf 268 Teilnehmer.

Die Befragung der Personalverantwortlichen hat gezeigt, dass das Bewerbungsgespräch und der Lebenslauf die wichtigsten Instrumente sind, um die Eignung eines Kandidaten oder einer Kandidatin zu ermitteln. Weitaus weniger wichtig für die Einstellungsentscheidungen sind hingegen Notendurchschnitte sowie Informationen, die auf Social-Media-Plattformen gesammelt werden können. Zu den wichtigsten Kriterien für die Beurteilung von Bewerbern zählen laut Studie Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, branchenspezifische Berufserfahrung, zeitliche Flexibilität und die Eignung der Berufsausbildung.

Wie die Forscherin abschließend erklärt, sei es bei der Studie nicht darum gegangen, das Verhalten der Personalverantwortlichen zu analysieren, sondern deren Einstellungsabsichten. „Wir können keine Aussagen darüber treffen, ob sich die Rekrutierenden tatsächlich so verhalten oder so entscheiden würden“, stellt sie klar. Nichtsdestotrotz helfe die Studie dabei, bestimmte Mechanismen zu analysieren, mit denen sich ein gewisses Einstellungsverhalten eventuell erklären lasse.

Autor: Uwe Hentschel

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