FNR, MOAST, scienceRELATIONS/University of Luxembourg
Ein künstliches Labormodell des menschlichen Darms, das die Bedingungen im menschlichen Darm reproduziert und Forscher und Industrie weltweit interessiert.
Das menschliche Mikrobiom, die Gemeinschaft aller Bakterien in und auf unserem Körper ist zurzeit weltweit ein heißes Forschungsthema. Denn Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms, also welche Bakterienstämme beispielsweise im Darm vorhanden sind, wurden in Zusammenhang mit der Entwicklung von Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Parkinson gebracht.
Die Lebensmittel-, Ernährungs- und Pharmaindustrie weltweit will neue Produkte und Therapien rund um das Mikrobiom entwickeln, um so unsere Gesundheit und den Verlauf von Krankheiten zu beeinflussen. Allerdings fehlt ihnen ein repräsentatives künstliches Modell des menschlichen Darms, das sie benutzen könnten, um neue Produkte und Medikamente zunächst im Labor zu untersuchen, bevor sie in langwierigen und teuren klinischen Studien an Menschen getestet werden.
Das Labormodell und das dahinterliegende Verfahren HuMiX eines Forschungsteams an der Universität Luxemburg könnte diese Lücke füllen.
Co-Kultur von menschlichen Zellen und Bakterien
In der anerkannten multidisziplinären Open Access Fachzeitschrift „Nature Communications“ beschreiben Pranjul Shah, Paul Wilmes und ihre Kollegen des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) ein neues Labormodell namens „HuMiX“. Das Modell, das etwa die Größe eines Bierdeckels hat, ist ein kleines Laborgerät, das aus mehreren Kammern besteht.
Dank eines speziell dafür entwickelten Verfahrens erlaubt es Forschern menschliche Zellen und Bakterien zu untersuchen, die normalerweise im menschlichen Darm leben – und dies unter Bedingungen, die repräsentativ jener im menschlichen Darm sind.
FNR Award for Outstanding Scientific Publication
Die FNR Award Jury hat diese Publikation ausgewählt, da sie ein künstliches Modell des menschlichen Darmes beschreibt, das für Forscher und die Pharma-, Lebensmittel- und Ernährungsindustrie weltweit relevant ist. „HuMiX“ und die Publikation haben auch bereits viel Aufmerksamkeit von den beiden Gemeinschaften bekommen. Dies erhöht Luxemburgs Profil als Pionier in diesem Gebiet und die Visibilität der luxemburgischen Mikrobiologie-Forschung.
Während ihrer ausgezeichneten Forschungsarbeit verfolgten die Forscher parallel das Ziel, HuMiX als kommerzielles Produkt zu entwickeln. Sie haben bereits Patente angemelden und arbeiten mit Industriepartnern zusammen, um HuMiX weiter zu entwickeln und an die Bedürfnisse potenzieller Kunden anzupassen.
FNR Award for Outstanding Research-Driven Innovation
2017 führt der FNR eine neue Award-Kategorie ein, die auβergewöhnliche mit öffentlichen Geldern finanzierte Forschung belohnt, die zu einer kommerziellen oder gesellschaftlich relevanten Innovation geführt hat.
Die beiden Forscher erhalten auch diesen zweiten FNR Award für ihre Bemühungen, das Labormodell in ein kommerzielles Produkt zu entwickeln, das für die weltweite Lebensmittel-, Ernährungs- und Pharmaindustrie sehr interessant ist.
Die beiden Forscher erhalten den FNR Award repräsentativ für ein großes Team von Wissenschaftlern an der Universität Luxemburg, dem Luxembourg Institute of Health und der Universität Arizona in den USA. Es ist das erste Mal in der Geschichte der FNR Awards, das ein Forscher oder Forscherteam zwei Preise in einem Jahr gewinnt.
Über die Gewinner
Paul Wilmes absolvierte sein Studium und seine Doktorarbeit in den Umweltwissenschaften an der University of Glasgow und University of East Anglia in Groβbritannien und war danach Post-doc an der UC Berkeley in Kalifornien. 2010 kehrte der Luxemburger dank eines FNR ATTRACT Fellowships in sein Heimatland zurück und gründete seine eigene, kleine Forschungsgruppe. Heute ist er Associate Professor am LCSB an der Universität Luxemburg und leitet ein Team mit 20 Forschern. Er ist ebenfalls Gründungsmitglied und Vize-Präsident der Luxembourg Society for Microbiology und repräsentiert Luxemburg auf internationaler Ebene, wie z.B. im International Human Microbiome Consortium.
Pranjul Shah ist ein Ingenieur aus Indien mit Industrieerfahrung und einem Doktortitel in Physik und Nanotechnologie der Technical University of Denmark. 2010 nahm er am Kauffman Global Scholars Program teil, einer Weiterbildung für Unternehmer. 2011 kam er als Post-Doc in Paul Wilmes Labor nach Luxemburg und verbrachte einige Zeit (auch dank eines FNR INTER Mobility Fellowships) an der Universität Arizona um die HuMiX-Technologie zu entwickeln. Seit 2015 ist Pranjul Shah Business Development and Innovation Expert am LCSB und hilft Unternehmergeist und Start-Ups an der Universität Luxemburg zu fördern. Er hat ebenfalls das Entrepreneurship and Innovation Committee an der Indian Business Chamber of Luxembourg ins Leben gerufen.
Autor: FNR
Video: FNR & MOAST (einige Bilder stammen aus einem Video der Universität Luxemburg ©scienceRELATIONS/University of Luxembourg)
Infobox
Pranjul Shah und Paul Wilmes (Universität Luxemburg – Luxembourg Centre for Systems Biomedicine)
Publikation: "A microfluidics-based in vitro model of the gastrointestinal human–microbe interface". Nature Communications 7, Article number: 11535 (2016) doi:10.1038/ncomms11535
Pranjul Shah und Paul Wilmes (Luxembourg Centre for Systems Biomedicine – Université du Luxembourg)
Innovation: “HuMiX” technology