(C) IBBL

Die Gewebeproben werden unter dem Mikroskop untersucht.

Die luxemburgische Biobank IBBL sammelt gefrorene Krebsgewebeproben zum Nutzen der Patienten und für die Forschung

Nach einer Biopsie oder dem chirurgischen Entfernen eines Tumors, bearbeitet und untersucht ein Pathologe die Gewebeprobe unter einem Mikroskop, um die genaue Diagnose zu stellen. Für die Diagnose fixiert der Pathologe das Gewebe in Formol (ein Fixierungsmittel, auch noch Formaldehyd oder Formalin genannt) und bettet es dann in Paraffin (eine Art Wachs) ein. Wenn die Diagnose gestellt ist, kann Gewebe übrig bleiben, das zerstört werden muss.

Dieses Gewebe hat jedoch einen enormen Wert für Krebsforscher, wenn es optimal gefroren und gelagert wird. Erstens, weil es nicht leicht zu bekommen ist. Zweitens, weil die Forschungsergebnisse aus der Arbeit mit echten Tumorproben zuverlässiger sind als jene aus der Arbeit mit künstlich gezüchteten Krebszellen. Gleichzeitig hat das gefrorene Tumorgewebe auch potenziellen Wert für den Krebspatienten, der es gespendet hat, falls später zusätzliche Diagnosetests durchgeführt werden sollen, insbesondere wenn diese Tests nicht anhand von traditionellem Formalin-fixiertem Gewebe durchgeführt werden können.

IBBL sorgt für das optimale Einfrieren der Gewebeproben

Um dieses gefrorene Gewebe für die Forschung und zukünftige Diagnosen zur erhalten, hat die Clinique Ambroise Paré sich mit der IBBL und dem Cabinet de Pathologie Antunes-Baudin zusammengeschlossen, und das Projekt „Tumorothèque Thionville“ gestartet. Die drei Partner haben sich zum Ziel gesetzt eine Diagnosetumorbank parallel zu einer Forschungstumorbank aufzubauen, was es in dieser Form im Département Moselle bisher noch nicht gab.

Als Partner der Diagnosetumorbank wird die IBBL sicherstellen, dass die Gewebeproben optimal gefroren und in Tanks mit flüssigem Stickstoff erhalten werden - für den Fall, dass das Krankenhaus sie in Zukunft braucht. Das gefrorene Gewebe könnte bei Wiederauftreten des Krebses benötigt werden, um die Diagnose zu verfeinern, um die Entscheidung über die Behandlung zu vereinfachen, oder wenn neue diagnostische und prognostische Tests nicht anhand von Formalin-fixiertem Gewebe durchgeführt werden können.

Win-Win-Situation für alle beteiligten Partner

Wenn ein Patient seine Zustimmung begeben hat, kann das Gewebe, welches nicht für die unmittelbare Diagnosestellung oder für die Diagnosetumorbank benötigt wird, anonym in die Forschungstumorbank aufgenommen werden. Forscher, welche die Entstehung und Entwicklung von Krankheiten untersuchen, oder neue Diagnosemethoden und Medikamente entwickeln wollen, können dann einen Antrag bei der Biobank stellen, um diese Proben zu benutzen.

Das Projekt hat einen klaren Nutzen für die Patienten und die Krebsforschung, gleichzeitig ist es aber auch eine Win-Win-Situation für alle beteiligten Partner. Durch das Projekt kann die Clinique Ambroise Paré den Empfehlungen des nationalen französischen Krebsinstituts (INCa) folgen. Diese geben vor, dass jedes im Krebsbereich aktives Krankenhaus eine Biobank nutzt, um gefrorene Tumorproben für  Diagnose- und Therapiezwecke aufzubewahren. Durch das Projekt kann die IBBL außerdem ihre Krebsprobensammlung ausbauen, was eine ihrer Hauptaufgaben als Biobank ist.

Die ersten Proben wurden bereits für die Anfangsphase des Projekts gesammelt, mit dem Ziel, jedes Jahr Proben von mindestens 100 Darmkrebspatienten zu sammeln. In  Zukunft ist vorgesehen, dass die Sammlung dann auf  Proben von urologischem Krebs und möglicherweise noch weiteren Krebsarten ausgeweitet wird.

Spender bleiben anonym

Die Gewebeproben werden im Rahmen der chirurgischen Eingriffe an der Clinique Ambroise Paré entnommen. Die Pathologen des Cabinet de Pathologie Antunes-Baudin stellen dann die Diagnose anhand der Formalin-fixierten Gewebeproben, und die gefrorenen Proben werden zur IBBL geschickt, wo sie gelagert werden.

Zusätzlich zu den Gewebeproben werden für die Tumorbank Blutproben gesammelt und den Proben zugeordnete medizinische Daten (zum Beispiel über die Diagnose oder die Behandlung) erhoben, welche an die Proben gebunden werden. Alle persönlichen Daten werden von den Proben und den Daten entfernt, damit weder die Biobank noch die Forscher je die Identität der Spender herausfinden können.

Das „Tumorothèque Thionville“ Projekt ist ein Paradebeispiel dafür wie Institute von beiden Seiten der Grenze zusammenarbeiten können, um ihre gegenseitige Bedürfnisse zu erfüllen und ein gemeinsames Ziel zu erreichen, was alleine schwer machbar wäre. Als erste grenzübergreifende Tumorbank stellt das Projekt auch einen wichtigen Schritt für die Großregion Luxemburg dar, da beide Regierungen eine engere interregionale Zusammenarbeit in den Bereichen der Medizin und der Forschung anstreben.

Wie funktioniert die Biobank IBBL? In diesem Video werden ihre Aktivitäten erklärt. 

Autor: IBBL
Foto © IBBL

Infobox

Formol/Formalin

Formaldehy, auch noch Formol oder Formalin genannt, ist ein chemisches Fixierungsmittel, das in einer Lösung zur Haltbarmachung von anatomischen und biologischen Proben verwendet wird. Es funktioniert, indem es Proteine oder Eiweisse in Gewebe vernetzt. 

Die Biobank IBBL erklärt ihre Aktivitäten

Wie funktioniert eine Biobank? Was passiert mit den biologischen Proben? Die Biobank IBBL erklärt ihre Aktivitäten in diesem Video

Auch interessant

Researchers at School 2025 Fuerscher ginn zréck an d'Schoul!

Bei der Aktioun "Researchers at School", déi vum 17. bis den 21. Mäerz 2025 stattfënnt, léiere Lycéesklasse Fuerscher a ...

FNR
Gesundheit Welche Auswirkung hat die Trennung der Eltern auf das Körpergewicht ihrer Kinder?

Forscher aus Luxemburg und London haben festgestellt: Nach einer Trennung der Eltern steigt der Body-Mass-Index (BMI) de...

EU-Austritt Großbritanniens Welche Folgen hat der Brexit für die Europäische Forschung?

In der EU zählt Großbritannien zu den wichtigsten Forschungspartnern. Entsprechend besorgt ist die Wissenschaft mit Blic...

FNR

Auch in dieser Rubrik

Handy in Schule
Screentime Smartphone-Verbot in Schulen: Was ist der Stand der Wissenschaft?

Sollen Sekundarschulen Handys in Klassenraum und Pausenhof verbieten oder nicht? Das diskutieren Eltern, Lehrer, Schüler und Politik in Luxemburg und weltweit. Ein Blick auf den Stand der Forschung.

Demenzerkrankungen Alzheimer: Wo steht die Wissenschaft?

Sie beginnt schleichend und ist bisher nicht heilbar: die Alzheimer-Krankheit. Prof. Dr. Michael Heneka, Direktor des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine, über Forschungsstand und Therapien.

Nobel Prize in Medicine 2024 Research in Luxembourg on the topic of microRNAs

Dr. Yvan Devaux from LIH works on the theme of the Nobel Prize awarded today to two American researchers for their work on microRNAs. He explains the importance of the discovery and his own research....

LIH
Sportwissenschaft Wie können Spitzensportler ihre Leistung steigern?

Es geht auch ohne verbotene leistungssteigernde Medikamente – z. B. mit Hitze, Kälte und Höhe. Frédéric Margue erklärt, wie ein Team am LIHPS Spitzensportler aus Luxemburg unterstützt.