(C) Uwe Hentschel
Um auf Klimawandel und Wetterextreme angemessen zu reagieren, muss man nicht nur wissen, warum es regnet, sondern auch, was mit dem Wasser dann passiert.
„Der Wasserhaushalt ist zunächst eine recht einfache Bilanz“, sagt Hydrologe Laurent Pfister und fasst diese Bilanz dann mit wenigen Worten zusammen: „Was kommt rein und was geht raus.“ Bei einem Glas mit Wasser lässt sich das problemlos messen. Schwieriger wird es allerdings, wenn man diese Bilanz auf eine gesamte Region ausweitet. Wenn man wissen möchte, was eigentlich mit dem ganzen Wasser passiert, das von oben kommt.
„Dann wird es richtig diffizil“, sagt Pfister. Denn dann spielten ganz viele Faktoren eine Rolle, wie etwa die unterschiedliche Verteilung des Niederschlags, die Geologie oder aber der Bodentyp, erklärt der Hydrologe. „Der Sandstein im luxemburgischen Gutland funktioniert beispielsweise wie ein riesiger Schwamm.“
Hängt die Häufung von Überschwemmungen nur mit dem Klimawandel zusammen?
„Wir hatten hier in Luxemburg in den Jahren 1993 bis 1995 drei größere Überschwemmungen“, sagt Pfister. „Und damals hat man sich dann die Frage gestellt, warum es auf einmal innerhalb so kurzer Zeit so oft passiert.“ Man habe nicht gewusst, ob das mit der zunehmenden Urbanisierung oder aber mit dem Klimawandel zusammenhänge, erklärt der Hydrologe.
Mitte der 90er Jahre habe der Staat dann in moderne Messstationen investiert, sagt er, „und seitdem wird alle 15 Minuten gemessen.“ Das Problem sei allerdings, dass man sich bei den Beobachtungen bislang vor allem auf die größeren Gewässer konzentriert habe. „Wichtig ist aber, zu sehen, was in den kleinen Einzugsgebieten geschieht“, betont Pfister. „Und dazu müssen wir wissen, wie diese Einzugsgebiete funktionieren, welche Rolle also der Boden, der Niederschlag oder aber die landwirtschaftliche Nutzung spielt.“
Pfister arbeitet am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) und ist dort unter anderem zuständig für das Projekt CAOS, an dem in Luxemburg gemeinsam mit Wissenschaftlern der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG gearbeitet wird. CAOS steht für „From Catchments as Organised Systems to Models based on Dynamic Functional Units“ und bedeutet übersetzt im Grunde, dass man regionale Einzugsgebiete als organisierte Systeme versteht und versucht, daraus dynamische Modelle für die Wissenschaft und Wasserwirtschaft abzuleiten.
Erkenntnisse aus dem Attert-Becken lassen sich auf andere Regionen übertragen
Das Einzugsgebiet, das bei diesem auch vom FNR mitunterstützten Projekt untersucht wird, ist das luxemburgische Attert-Becken. Es umfasst eine Gesamtfläche von 288 Quadratkilometern und liegt wiederum im Einzugsgebiet der Alzette. Das Besondere am Attert-Becken ist, dass es genau dort ist, wo das Massiv der Ardennen (Ösling) auf die Ausläufer des Pariser Beckens (Gutland) stößt. Auf der einen Seite viel Schiefer, durch den vergleichsweise wenig Wasser dringt, und auf der anderen Seite der Sandstein mit seinen bereits erwähnten Eigenschaften.
Mit Hilfe eines dichten Messnetzes, mit dessen Einrichtung bereits vor zehn Jahren begonnen wurde, werden sämtliche Daten erfasst, die für die Hydrologie, aber auch für die Boden- und Geophysik sowie Fernerkundung von Bedeutung sind. All diese Informationen fließen in eine gemeinsame Datenbank, die dann als Grundlage für mathematische Modelle dient. So sind die Forscher in der Lage, Erkenntnisse aus dem Attert-Becken auf andere Regionen zu übertragen. Sowohl europa- als auch weltweit.
Regionale Verteilung des Regens hängt mit globalen Klimaveränderungen zusammen
Mittlerweile arbeiten an dem CAOS-Projekt nicht nur deutsche und luxemburgische Forscher, sondern auch Wissenschaftler aus Frankreich, England, USA oder aber Kanada. Und noch globaler als die Zusammensetzung des Forschungsteams sind die Zusammenhänge des Wetters und damit auch die Auswirkungen des Klimawandels.
„Es ist sehr interessant, zu sehen, dass Prozesse über dem Nordatlantik einen extremen Einfluss auf den Niederschlag und die Niederschlagsverteilung in unserer Region haben können“, sagt Pfister. Kämen beispielsweise die feuchten Luftmassen aus dem Westen, so regne es in Luxemburg meist am stärksten im Norden und Westen des Landes. Für Pfister steht fest: „Es gibt einen großen Zusammenhang zwischen globalen Phänomenen und lokalen Ereignissen.“
Autor: Uwe Hentschel
Foto: Uwe Hentschel