Photovoltaik und Windenergie

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Warum ist die Energiewende wichtig?

Weil es um viel mehr geht, als um Energie: Der Ukrainekrieg hat Europas Blick auf die erneuerbaren Energien verändert: sie schützen nicht nur vor dem Klimawandel, sondern verringern auch die Abhängigkeit von undemokratischen Regimen und Kriegsaggressoren. Doch noch sind wir längst nicht so weit: Fieberhaft hat die Europäische Kommission an einem Notfallplan gearbeitet für den Fall, dass Russland seine Gaslieferungen weiter reduziert oder sogar ganz einstellt. Die Länder der EU rücken zusammen und wollen das vorhandene Gas dorthin lenken, wo es am nötigsten gebraucht wird. Dieser Plan soll in den nächsten Tagen vorgelegt werden.

Auch gegen den Klimawandel will die EU gemeinsam eintreten: Die Zunahme an Dürren und Extremwetterereignissen weltweit sind die Vorboten dessen, was auf die kommenden Generationen zukommen könnte. Wir haben es aber selbst in der Hand die zukünftigen vom Klimawandel verursachten Schäden zu minimieren. Mit dem Pariser Abkommen hat sich auch Luxemburg verpflichtet, dazu beizutragen, die Erderwärmung auf möglichst unter 1,5 Grad zu halten. Konkret hat die EU deshalb beschlossen, bis zum Jahr 2030 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 Prozent des gesamten Energiebedarfs zu erhöhen und bis 2050 zu 100 Prozent klimaneutral zu sein. Das gilt auch für Luxemburg.

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Pariser Abkommen und die Ziele der EU für 2030

Mit dem Pariser Abkommen im Jahr 2015 haben sich alle Staaten dazu verpflichtet, die Weltwirtschaft auf klimafreundliche Weise zu verändern. Dabei ist das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Jedes Land ist völkerrechtlich dazu verpflichtet, dafür geeignete Klimaschutzziele festzulegen, deren Einhaltung zu überprüfen und alle fünf Jahre neue, ambitioniertere Ziele festzulegen. Die Regierungschefs der EU haben das im Dezember 2020 gemeinsam umgesetzt. Langfristig festgelegt wurde: Klimaneutralität bis 2050; und mittelfristig bis 2030, den CO2-Ausstoß um 55 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu reduzieren. Dafür sollen die erneuerbaren Energien so ausgebaut werden, dass sie 2030 auf einen Anteil von 40 Prozent der Energieversorgung kommen.

Diese Zielmarken kann Europa aber nur erreichen durch große strukturelle Veränderungen und enorme Investitionen. Die Ukrainekrise, die weltweite Pandemie und die Wirtschaftskrise 2008 haben gezeigt, dass sich Luxemburg und die übrigen Staaten der EU auf große finanzielle Kraftanstrengungen einigen können. Wäre ein ähnlich hoher Einsatz auch für eine beschleunigte Umstellung auf erneuerbare Energien nötig?

In diesem science check wollen wir der Frage nachgehen, ob Luxemburg zu 100% seinen Energiebedarf mit erneuerbaren Energien selbst decken kann? Dafür gehen wir zunächst darauf ein, wie viel Energie Luxemburg momentan verbraucht. Anhand von Rechenbeispielen von Prof. Phillip Dale wollen wir danach ein Verständnis dafür entwickeln, wie viel Fläche erneuerbare Energien brauchen, wenn wir den aktuellen Energiekonsum mit den zurzeit gängigen Technologien decken wollten. Um dann schliesslich auf die Vorhaben Luxemburgs einzugehen, wie mehr Energie über erneuerbare Energien hergestellt werden soll. 

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Prof. Phillip Dale entstanden, Professor im Bereich Photovoltaik an der Universität Luxemburg.

Zur Person: Prof. Phillip Dale

Phillip Dale beschäftigt sich als Professor für Physik an der Universität Luxemburg und Leiter des Labors für Energiematerialien mit den Themen Elektrochemie, Photovoltaik und Solarzellen. Er ist außerdem sehr aktiv im Bereich der Wissenschaftskommunikation und hat u.a. einen Onlinerechner entwickelt, mit dem sich der eigene Energiebedarf ermitteln lässt: https://e4l.uni.lu

Um ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie groß der Flächenbedarf bei erneuerbaren Energien ist - vor allem angesichts des hohen Energiekonsums Luxemburgs - hat Phillip Dale anschauliche Szenarien betrachtet, auf die wir in diesem Artikel genauer eingehen.  

 

Für Eilige: die Kurzfassung dieses science checks findest Du in diesem Video:

Und hier das Fazit in Textform und in Infographiken:

  • Ja, bis 2050 alle Energie durch erneuerbare Energien zu produzieren (oder zumindest klimaneutral zu produzieren), scheint zwar schwierig, aber theoretisch möglich - nur nicht von heute auf morgen.
  • Ob dieses Ziel erreicht werden kann, hängt aber nicht nur von der Wissenschaft ab, sondern auch oder vor allem von Gesellschaft und Politik: Welche Mittel und Anstrengungen sind umsetzbar, tragbar und/oder wünschenswert, welche nicht...
  • Zurzeit ist der Energieverbrauch Luxemburgs zu hoch und die erneuerbaren Energien noch nicht effizient genug, um zu 100% alle Energie selber über erneuerbare Energien zu produzieren. Es würde einfach zu viel Fläche gebraucht. Man kann aber davon ausgehen, dass die Technologien weiterhin immer effizienter werden. 
  • Ausserdem sind grosse Anstrengungen nötig: nicht nur um mehr Energie durch erneuerbare Energien selbst herzustellen, sondern auch ganz wichtig: um Energie einzusparen!
  • Wichtig ist es hierbei, eng mit den europäischen Nachbarländern zusammenzuarbeiten
  • Wir konzentrieren uns in diesem science check vor allem auf Solarenergie und Windenergie. Sie haben das grösste Potential. Es sind aber alle erneuerbare Energien wichtig, um die Energiewende hinzukriegen
  • Wir sprechen hier auch nicht über Atomenergie (auch wenn es ein spannendes Thema ist), da es sich dabei nicht um eine erneuerbare Energie handelt, weil hier die endliche Ressource Uran abgebaut wird. Wenn wir die Atomfusion beherrschen würden, wäre diese eine erneuerbare Energie. Auf EU-Level wurde die Atomkraft auch nicht als erneuerbare Energie klassifiziert, sondern als "unter Umständen nachhaltige Energie". 
  • Wir sind uns natürlich bewusst, dass es sich hierbei um ein globales Problem handelt, das auch global gelöst werden muss. 

Wie hoch ist der Energiebedarf Luxemburgs pro Kopf und pro Tag?

Pro Einwohner benötigt Luxemburg derzeit 203 Kilowattstunden Primärenergie pro Tag [1]. Zum Vergleich: damit lassen sich mit einem haushaltsüblichen Wasserkocher etwa 1800 Liter Wasser aufkochen.[2]

Weltweit liegt der Primärenergiebedarf pro Tag im Durchschnitt bei 60 Kilowattstunden [3] pro Person, in Europa bei 90 Kilowattstunden [4], und in Deutschland bei 113 Kilowattstunden.

Die Basisdaten: Primärenergie oder Endenergie?

Die Statistiken zum Energiebedarf Luxemburgs betrachten teilweise die benötigte so genannte Primärenergie, teilweise aber auch die Endenergie. Durch die Quellenlage sind wir gezwungen, in diesem science check zwischen diesen beiden Energien hin und her zu springen. In Bezug auf Luxemburg schmälert das das Verständnis aber nicht. Da Luxemburg im eigenen Land wenig fossile Energieträger zur Stromerzeugung einsetzt, ist der Unterschied zwischen diesen Energien nicht groß.

 

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Endenergie vs Primärenergie

Endenergie ist von Industrie, Haushalt, Gewerbe und Dienstleistungen eingesetzte Energie. Sie kann als Primärenergieträger vorliegen (beispielsweise Erdgas) oder bereits in eine sekundäre Energieform umgewandelt worden sein, zum Beispiel Benzin oder Strom.

In einem Kohlekraftwerk wird die chemische Energie der Kohle in elektrische Energie umgewandelt. Rohöl wird in Raffinerien in Kraftstoffe für den Verkehr gewandelt.

Bei der Umwandlung geht ein Teil der Energie verloren (Verlustenergie). Verluste entstehen entlang der gesamten Produktions- und Transportkette: Beispielsweise benötigt das Bohren nach Rohöl Energie und das Pumpen und der Transport des Rohstoffs zur Raffinerie. Auch die Veredelung des Rohöls zu Benzin benötigt Energie.

Die Primärenergie ist die vor der Umwandlung eingesetzte Energie (Summe aus Endenergie und Verlustenergie in den Energiesektoren).

Beim Energieflussbild für ein Land wird die Landesgrenze als Bilanzgrenze genommen. Der (Primär-) Energieverbrauch setzt sich zusammen aus dem Energieaufkommen im Inland (Import plus Primärenergie für die Erzeugung) abzüglich Export und Bunkerung.

In den Verbrauchssektoren tritt weitere Verlustenergie auf. Zum Beispiel wird beim Autofahren nur ein kleiner Teil der Energie in mechanische Energie umgewandelt (Nutzenergie) der Rest ist Verlustenergie (Wärme und Schall). Der Quotient aus Nutzenergie und Endenergie beschreibt den Wirkungsgrad, zum Beispiel für ein Auto.

Unterschiedliche Datensätze

Nicht nur die Verwendung unterschiedlicher Energien haben unsere Recherche erschwert, sondern auch unterschiedliche Definitionen. Das führt zum Beispiel für die Endenergie für Luxemburg dazu, dass wir in unterschiedlichen Quellen (z.B. Eurostat vs. Statec vs. IEA) auch auf unterschiedliche Werte gestoßen sind, obwohl sich alle Statistiken letztlich auf dieselben Rohdaten beziehen. Die Größenordnung ist jedoch dieselbe, so dass auch diese Uneinheitlichkeit das Verständnis nicht schmälert.

Welche Sektoren benötigen am meisten Energie in Luxemburg?

Private Haushalte:

In Luxemburg macht dabei der Stromverbrauch der privaten Haushalte aber nur zwei Prozent [1] der gesamten Primärenergie aus. Für die Haushalte kommen noch die Energie zum Heizen und für Warmwasser hinzu. Insgesamt kommt der private Sektor auf einen Anteil von 11 Prozent [2].

Gewerbe, Handel und Dienstleistungen:

Gewerbe, Handel und Dienstleistungen kommen insgesamt auf 12 Prozent des Energiebedarfs. Beispielsweise schluckt ein Videostream Energie in Rechenzentren. Aber auch ein Frisörladen oder ein Fußballstadion brauchen Energie. Das alles zählt mit dazu.

Industrie:

Die Industrie verbraucht 15 Prozent der Energie. Dieser Wert bezieht nur den Energiebedarf von Unternehmen ein, die in Luxemburg produzieren. Egal ob ein T-Shirt, ein Computer oder ein Haus.

Transportsektor:

Den größten Anteil an der Endenergie Luxemburgs hat der Transportsektor. 2019 waren das 62 Prozent. Dabei machen Treibstoffe für den Straßenverkehr mit 53 Prozent den Löwenanteil aus. Davon sind 43 Prozent auf Tanktourismus zurückzuführen.

An dieser Stelle unserer Recherche wurde deutlich: teilweise wird relativ willkürlich gesetzt, was Luxemburg zugerechnet wird und was nicht. Für die offizielle Statistik zählt grundsätzlich alle Energie, die innerhalb der Landesgrenzen verbraucht wird, beim Tanken jedoch zählt der gesamte Treibstoff, der innerhalb des Landes verkauft wird. Der Export im Tank zählt nicht als Energieexport.

 

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Quellen

[1] Quelle: Endenergie_Sektoren_LU1_DF_A4302_1.0_A.A01...xlsx; Stromverbrauch Haushalte 2019 3296 TJ Quelle: LU1_DF_A4104_1.0_A..xlsx, Primärenergie 2019 Lux 3,95 Mtoe (Quelle IEA) = 166.000 TJ

[2] Zahlen von 2019, da 2020 Ausnahmejahr! Quelle: Endenergie_Sektoren_LU1_DF_A4302_1.0_A.A01...xlsx

Ob man nun den Tanktourismus und die Importe dazuzählt oder nicht, dahinter steht eine schon fast philosophische Fragestellung, meint Prof. Phillip Dale:

Wer ist schuld am Energieverbrauch? Der Verbraucher oder der Verkäufer? Dies ist eine schon fast philosophische Frage... Geht man vom Prinzip aus, dass der Energieverbrauch dem Verkäufer zuzurechnen ist, dann ist es klar, dass der Tanktourismus in Luxemburg dazuzählt. Aber auf der anderen Seite entfallen somit die vielen Importe die Luxemburg tätigt. Wenn man das andere Prinzip anwendet, würde man den Tanktourismus nicht dazuzählen, dafür aber die vielen Importe die Luxemburg tätigt. Ob damit die Bilanz wirklich besser würde? Wohl nur kaum. Denn Luxemburger konsumieren viel (Konsum korreliert mit Wohlstand des Landes) und müssen davon viel importieren, z.B. aus China oder sonstwo.

 

 

Prof. Phillip Dale

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Was wird Luxemburg zugerechnet, was nicht?

Aus „ethischer“ Sicht wäre die Perspektive der Konsumenten naheliegender: alle Energie, die ich konsumiere und alle Energie, die in den Produkten steckt, die ich konsumiere, rechne ich mir zu. Dazu gehört zum Beispiel auch die Energie, die zur Erzeugung eines Mobiltelefons nötig war, das aus China nach Luxemburg importiert wurde. Die offizielle Statistik rechnet diese Energie jedoch China zu. Der individuelle Energiebedarf nach „ethischer“ Definition lässt sich mit dem Energierechner der Universität Luxemburg errechnen: https://e4l.uni.lu

Aus dieser Perspektive müsste die offizielle Energiebilanz für Luxemburg korrigiert werden: Der Treibstoffexport im Tank (Tanktourismus) müsste abgezogen werden. Ein möglicher Überschuss an Energie käme dagegen hinzu: die Energie, die in importierten Gütern steckt, abzüglich der Energie zur Herstellung der exportierten Güter. Leider fehlen Zahlen, um herauszufinden, ob sich  Tanktourismus und Importüberschuss in der Bilanz in etwa ausgleichen würden.

Wie viel seines Energiebedarfs erzeugt Luxemburg selber über erneuerbare Energien?

Derzeit ist Luxemburg von 100 Prozent erneuerbarer Energie noch weit entfernt: 2019 wurden bei uns sieben Prozent des Endenergiebedarfs regenerativ erzeugt.

2020 waren es 11,7%. Ohne die Pandemie wären es allerdings nur etwa 10 Prozent, da in diesem besonderen Pandemiejahr weniger Energie benötigt wurde. Außerdem sind hier erneuerbare Energien aus Estland und Litauen mit einbezogen, mit denen Luxemburg Kooperationen eingegangen ist. Selber vor Ort hatte Luxemburg 2020 ca. 7,5 Prozent seines Energiebedarfs anhand erneuerbarer Energie produziert.

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Vorhersagen für Luxemburg: Wie wird sich der Energiebedarf in Luxemburg entwickeln?

Wie sich der Energiebedarf von Luxemburg entwickeln wird, hängt von vielen Faktoren ab: Nimmt die Bevölkerung weiter zu? Wird die Wirtschaft wachsen? Welche Rahmenbedingungen setzt die Politik? Wie verhalten sich die Bürgerinnen und Bürger? Das ist schwer vorauszusagen. Für die Planung ist außerdem wichtig, ob es in Zukunft Technologiesprünge gibt, zum Beispiel bei den Kosten der verschiedenen erneuerbaren Energien, der Stromspeicher oder der solaren Erzeugung von Wasserstoff.

Kurzfristige Prognosen für Luxemburg werden vom Nationalen Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien (STATEC) zweimal jährlich veröffentlicht [1]. Langfristige und detaillierte Szenarien sind auch in Arbeit und sollen Ende 2022 veröffentlicht werden.

Um ein realistisches Bild der Lage zu geben, rechnen wir in diesem Artikel mit dem Energieverbrauch Luxemburgs von 2019, dem letzten „normalen Jahr“ vor der Pandemie.


[1] Hier finden Sie die aktuelle Prognose (Seite 65, Grafik 6.11): https://statistiques.public.lu/fr/publications/series/note-conjoncture/2022/20220607.html

Wie viel Fläche würde Luxemburg aktuell brauchen, um seinen derzeitigen Verbrauch selbst mit erneuerbarer Energie zu produzieren?

Die kurze Antwort lautet: viel – sogar sehr viel! Um ein Gefühl für die Größenordnung zu bekommen, betrachten wir hier drei fiktive und vereinfachte Szenarien, erstellt von Prof. Phillip Dale.

Erstes fiktives Szenario: Wenn Luxemburg den heutigen Primärenergiebedarf von 203 Kilowattstunden pro Person und Tag zu 100 Prozent mit Windkraft decken würde, wäre ein Windpark einer Größe von etwa 2470 Quadratkilometern [1] erforderlich. Das entspräche 95,5 Prozent der Landesfläche [2]

(Grafik mit Landkarte Luxemburgs und zum Vergleich die benötigte Fläche).

Luxemburg wäre dann ein einziger Windpark mit Windkraftanlagen, die in einem Abstand von 600 Metern zueinander stehen, ein total unrealistisches Szenario.

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Infos zu den Berechnungen

 

[1] Berechnungen von Philipp Dale auf Basis von Windkraftdaten in Luxemburg von 2019: Endenergiebedarf von Luxemburg 2019: 4,5939 E10 kWh; Windenergieertrag für Luxemburg: 18,6 kWh/m2 => Flächenbedarf 0,247 E10 m2= 0,247 E4 km2 =2470 km2 = 95,5% der Landesfläche von 2586 km2

[2] 2586 km2

Zweites fiktives Szenario: Luxemburg würde seine ganze Energie mit freistehenden Solaranlagen erzeugen. Unter den hiesigen Klimabedingungen können Solaranlagen pro Quadratmeter jährlich etwa 180 Kilowattstunden Strom erzeugen. Für den gesamten Primärenergiebedarf wären 255 Quadratkilometer Solaranlagen nötig, also etwa 10% der Landesfläche.[1]

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Infos zu den Berechnungen

[1] Berechnungen von Philipp Dale auf Basis von Solarertragsdaten in Luxemburg: Endenergiebedarf von Luxemburg 2019: 4,5939 E10 kWh; Solarertrag für Luxemburg: 180kWh/m2 => Flächenbedarf 0,0255 E10 m2= 255 E4 km2 =255 km2 = etwa 10% der Landesfläche von 2586 m2

Dritte Variante: Würde man Windkraft und Photovoltaik auf derselben Fläche miteinander kombinieren, ließe sich die benötigte Fläche auf 231 Quadratkilometer reduzieren. Das wären aber immer noch neun Prozent der Landesfläche.[1]

 

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Infos zu den Berechnungen

[1] Berechnungen von Philipp Dale auf Basis von Solarertragsdaten und Windkraftdaten in Luxemburg von 2019: Endenergiebedarf von Luxemburg 2019: 4,5939 E10 kWh; Windertrag 18,6 kWh/m2 + Solarertrag für Luxemburg: 180kWh/m2 = 198,6 kWh/ m2 => Flächenbedarf 0,0231 E10 m2= 231 E4 km2 =231 km2 = etwa 9% der Landesfläche von 2586 m2

Die verwendete Freifläche ließe sich weiter verringern, wenn man die für Solaranlagen geeigneten Dächer konsequent genutzt würden. Alle Dächer Luxemburgs machen allerdings nur etwa zwei Prozent der Landesfläche aus.

Was diese Szenarien zeigen: Es wird schwer, den aktuell hohen Verbrauch Luxemburgs mit erneuerbaren Energien zu decken. Zwar werden die erneuerbaren Energietechnologien immer effizienter. Das wird in Zukunft benötigte Fläche weiter reduzieren. Aber Luxemburg verbraucht einfach sehr viel Energie. Es ist daher sehr wichtig, dass Luxemburg Energie einspart. Dann würde auch weniger Fläche benötigt.

Anmerkung: Natürlich gibt es auch noch andere regenerative Energiequellen, wie zum Beispiel Geothermie, Wasserkraft oder Biogas. Wir haben diese in den fiktiven Szenarien einfachheitshalber weggelassen, da deren Potential für Luxemburg weitaus geringer ist, als das von Windenergie und Solarenergie. Es wird dennoch in Zukunft wichtig sein, auf einen Mix an verschiedenen regenerativen Energiequellen zu setzen und jeweils die Form einzusetzen, die lokal Sinn macht.  

Luxemburg setzt auch auf Kooperationen mit dem Ausland, um regenerative Energien zu produzieren.

Wäre Luxemburg autark, wenn es seinen Jahresbedarf mit erneuerbaren Energien im eigenen Land abdeckt?

Nein. Wir haben bisher betrachtet, wie viel Energie Luxemburg pro Jahr verbraucht. Um autark zu sein, reicht es aber nicht aus, in Summe die Energie zu erzeugen, die im Verlauf des Jahres gebraucht wird. Wenn Luxemburg komplett auf Energieimporte verzichten will, müsste zu jeder Zeit genügend selbst erzeugte Energie verfügbar sein.

Es gibt Phasen, in denen viel Wind- und Solarstrom erzeugt werden, aber wenig Strom verbraucht wird, und auch umgekehrt Momente hoher Stromnachfrage, in denen die Stromerzeugung gering ist.

Für Luxemburg kommt erschwerend hinzu: Ein kleines Land kann solche Schwankungen schlecht ausgleichen. Anders als in den größeren Nachbarländern genügt eine große Wolkenfront, um den Solarertrag komplett einbrechen zu lassen.

Stromnetze können keine Energie speichern. Um autark zu sein, müsste Luxemburg also zusätzlich noch massiv in den Ausbau von Speicherkapazitäten investieren, oder so viel mehr Kapazität an erneuerbaren Energien aufbauen, dass es in jedem Fall für die eigene Versorgung reicht. Die Überschüsse, die dabei zwangsläufig entstehen würden, könnten exportiert werden.

Im Prinzip hätte das kleine Luxemburg die Kapazitäten dafür. Bei der Erzeugung erneuerbarer Energie spielt vor allem die Bevölkerungsdichte eine wichtige Rolle, denn diese Energien brauchen Platz. Im Vergleich zu Stadtstaaten ist Luxemburg nicht sonderlich dicht besiedelt, zum Beispiel nur wenig dichter als Deutschland, aber weitaus weniger dicht als beispielsweise Belgien oder die Niederlande.

Eine autarke Energieversorgung macht dann Sinn, wenn man den Nachbarländern nicht vertraut und deshalb von niemandem abhängig sein will. Für Luxemburg gilt dies aber nicht. Ein autarkes Luxemburg wäre möglich, ist aber in der Umsetzung deutlich teurer, als ein Luxemburg, das seine Energieversorgung innerhalb  eines europäischen Verbunds organisiert. Die Energienetze Europas, sind schon heute länderübergreifend und sollen in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.

Warum beschäftigt sich Phillip Dale mit Szenarien für ein Luxemburg, das zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energieen versorgt wird?

 

"Luxemburg ist eines der reichsten Länder der Welt und hat eine stabile Demokratie. Wenn Luxemburg nicht zu 100 Prozent erneuerbar versorgt werden kann, warum sollten sich dann andere Länder darum bemühen? Es gibt keine wissenschaftliche oder technische Barriere, die dem Ziel im Wege steht. Es ist lediglich eine Frage der der Moral und der sozialen Verantwortung. Mein Ziel ist es zu zeigen, dass solche eine Energiewende absolut möglich ist. Dabei hängt das Maß an Veränderung, das dafür erforderlich ist, von unser allem Energiekonsum ab. Leider ist Energie unsichtbar und billig, und deshalb sind wir uns dessen nicht bewusst. Mit unserer Website und durch Workshops wollen wir dafür mehr Bewusstsein schaffen.“

Prof. Phillip Dale

Wenn bisher so wenig Energie über erneuerbare Energien produziert wird, wie kann man dann überhaupt optimistisch sein, das EU-Ziel zu erreichen...?

Ja, beim Anblick der aktuellen Zahlen, mögen manche zu Pessimismus neigen. Was aber Anlass gibt zu Optimismus, ist wenn man sich die Entwicklung der Effizienz der erneuerbaren Energien anschaut, und die Preisentwicklung der erneuerbaren Energien. Die haben sich rasant verbessert über die letzten Jahre. Erneuerbare Energien sind wirtschaftlich konkurrenzfähig und werden immer besser. Als Beispiel: Der durchschnittliche Endkundenpreis (Systempreis, netto) für fertig installierte Solar-Aufdachanlagen von 10 – 100 kWp beträgt in Deutschland laut ISE-Fraunhofer mittlerweile nur noch etwas mehr als 25% des Preises als noch im Jahr 2006! 

Was ausserdem wichtig ist zu wissen: wirtschaftlicher und demographischer Wachstum führen nicht automatisch zu mehr Primärenergie oder Endenergieverbrauch. Wenn man sich die Zahlen von Eurostat anschaut, dann sind seit 2006 (dem Jahr mit dem höchsten Primärenergie- und Endenergieverbrauch in der EU) sowohl der Endenergie- als auch der Primärenergieverbrauch in der EU mehr oder weniger konstant gesunken, bei gleichzeitigem Demographie- und Wirtschaftswachstum. 

Und ja, zurzeit sind wir weit davon entfernt, all unserer Energie über erneuerbare Energien zu produzieren. In Zukunft wird aber immer mehr über Strom laufen, und hier wurde bereits 2020 in der EU der grösste Teil (39%) über erneuerbare Energien gedeckt (vor fossilen Energieträgern mit 36%). 

Was natürlich eine riesige Herausforderung bleibt: Die Momente, in denen weder Sonne noch Wind vorhanden sind. Hier kommen Speicherkapazitäten und/oder Überproduktion ins Spiel. Bis 2050 bleibt noch Zeit Technologien weiterzuentwickeln und Infrastrukturen aufzubauen und Energie einzusparen. Ob uns dies gelingen wird...? 

Wie kann Luxemburg Energie sparen, um weniger Fläche für die erneuerbaren Energien verwenden zu müssen?

Nicht mit einer großen Sparmaßnahme, sondern mit vielen mittleren und kleinen:

Luxemburgs „integrierter nationaler Energie- und Klimaplan“ widmet sich dieser Fragestellung ausführlich und beinhaltet umfangreiche Sparmaßnahmen, mit denen bis zum Jahr 2040 der Primärenergiebedarf um etwa 40 Prozent gesenkt werden soll: pro Person und Tag von 203 Kilowattstunden auf 122 Kilowattstunden.[1] Das Einsparpotential ist für die Verbrauchssektoren unterschiedlich:

Der Sektor Industrie, Bergbau und verarbeitendes Gewerbe hat ein vergleichsweise kleines Effizienzpotential und soll den Energiebedarf um etwa ein Drittel senken [2]. Derzeit verbraucht dieser Sektor 50 Prozent des Stroms und 44 Prozent des Erdgases.[3]

Der Verkehrssektor mit den ineffizienten Verbrennungsmotoren hat dagegen ein enormes Einsparpotential. Geplant ist nicht nur eine Umstellung auf Elektrofahrzeuge, sondern auch die Verringerung des Individualverkehrs. Bis 2040 soll der Energiebedarf des Verkehrssektors um 49 Prozent sinken.[4] Bis 2050 müssen weitere Sparmaßnahmen folgen.

Anmerkung: Nur ein geringer Anteil der im Diesel oder Benzin enthaltenen Energie (25-35%) wird tatsächlich für die Fortbewegung genutzt. Der Rest geht vor allem als Wärme verloren. Bei einem Elektromotor sind wir bei einem Wirkungsgrad von ca. 80%. D.h. man braucht viel weniger Primärenergie bei Elektroautos als bei Autos mit Verbrennermotoren. 

Im Sektor der privaten Haushalte ist die wichtigste Maßnahme, die Häuser zu dämmen. Der Plan von Luxemburg sieht vor, jedes Jahr 2,7 % des Altbaubestands zu sanieren. Würde man den gesamten Altbaubestand Luxemburgs sanieren, ließen sich dadurch 72 Prozent der für Wärme benötigten Energie einsparen. [5] Bis 2040 wird das noch nicht voll umgesetzt sein. Der gesamte Energiebedarf der Haushalte soll bis 2040 um 65 Prozent gesenkt werden.

Das Dämmen der Häuser wird flankiert durch ein möglichst effizientes Heizsystem. Dafür setzt Luxemburg massiv auf den Ausbau von Wärmepumpen. Auch hier gilt, wie bei den Elektroautos, dass die Elektrifizierung Primärenergie einspart. Eine Gasheizung nutzt weniger als 60 Prozent [6] der eingesetzten Primärenergie zum Heizen. Der Rest ist Verlustenergie. Eine  Wärmepumpe in einem gut gedämmten Altbau dagegen schafft das scheinbar Unmögliche: Sie liefert zum Heizen mindestens die vier Mal soviel Energie, wie zum Betrieb der Pumpe eingesetzt wurde. [7]. Der Rest der Heizwärme ist Wärme, die der Umgebung entzogen wird, je nach Art der Wärmepumpe entweder aus der Luft oder aus dem Erdreich. Dadurch wird weitere Primärenergie eingespart.

Auch im Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sollen Gebäudesanierung und weitere Maßnahmen bis 2040 den Energiebedarf um 34 Prozent verringern.

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Quellen

 

[1] Integrierter nationaler Energie- und Klimaplan Luxemburgs für den Zeitraum 2021-2030, S.184: Endenergiebedarf von Lux für Effizienzszenario: 27381 GWh -> 121 kWh / Tag und Kopf (bezogen auf Bevölkerungszahl von 2019) Das ist Endenergie. 60% der Primärenergie wären 122kWh.

[2] Integrierter nationaler Energie- und Klimaplan Luxemburgs für den Zeitraum 2021-2030 , S. 185

[3] Integrierter nationaler Energie- und Klimaplan Luxemburgs für den Zeitraum 2021-2030, S.76, Zahlen bezogen auf 2018

[4] Integrierter nationaler Energie- und Klimaplan Luxemburgs für den Zeitraum 2021-2030 , S.41

[5] Integrierter nationaler Energie- und Klimaplan Luxemburgs für den Zeitraum 2021-2030 , S.41 Bezogen auf die zusätzlichen Sanierungen gegenüber dem Baseline Szenario. Die Sanierungsrate drückt den Anteil der Gebäude aus, die pro Jahr im Verhältnis zum Altbaubestand (Gebäude mit Baujahr vor 1991) saniert werden.  

Sollte Luxemburg auf die Produktion im eigenen Land verzichten und stattdessen andere Länder erneuerbare Energie erzeugen lassen, wo die Produktionsbedingungen günstiger sind?

Die kurze Antwort lautet: nein!

In Summe wird sich Europa nur hundertprozentig mit erneuerbarem Strom versorgen lassen, wenn alle Länder Europas dafür eigene Flächen einsetzen. Dabei ist u.a. die Bevölkerungsdichte ein relevanter Faktor. Bei Luxemburgs liegt die zum Beispiel nur wenig über der von Deutschland.

Tatsächlich gibt es Regionen, in denen erneuerbare Energie effizienter erzeugt werden kann, als in Luxemburg: beispielsweise Windkraft an der Nordseeküste, Wasserkraft in Skandinavien, Geothermie in Island, Photovoltaik in Wüstenregionen. Doch diese Regionen können Luxemburg nicht oder nicht gut mit Strom versorgen, weil sie zu weit entfernt sind. Strom über weite Strecken zu transportieren, ist nicht sehr sinnvoll, weil die Übertragungsverluste zu hoch wären.

Luxemburg plant dennoch Kooperationen mit mehr oder weniger weit entfernten Regionen. Dabei kann das Transportproblem durch grünen Wasserstoff gelöst werden. Der lässt sich wesentlich besser über weite Strecken transportieren als Strom.

Aus Effizienzgründen sollte Wasserstoff jedoch nur dort eingesetzt werden, wo er unbedingt gebraucht wird. Die sinnvolle Importmenge wird dadurch auf ungefähr 20 Prozent gedeckelt.[1]

Luxemburgs bisherige Planung setzt dagegen auf wesentlich mehr Energiekooperationen mit anderen Ländern. Für das Zwischenziel im Jahr 2040 sollen diese Kooperationen 42 Prozent der regenerativen Energien ausmachen. Zahlen für 2050 sind bisher nicht bekannt.

Nicht nur Effizienzkriterien sprechen für möglichst viel Erzeugung im eigenen Land bzw. innerhalb von Europa. Eigene Erzeugung von erneuerbarer Energie verringert auch die Abhängigkeit und damit die Erpressbarkeit im Energiebereich. Wie wichtig das für Europa ist, hat der Angriffskrieg auf die Ukraine gezeigt.

Wie sieht der aktuelle Plan für Luxemburg aus, um im Jahr 2050 zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt zu sein?

Nach dem aktuellen nationalen Plan wird Luxemburg im Jahr 2040 zu 42 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgt sein. Wenn das so umgesetzt wird, würde der größte Teil der Energiewende auf das nachfolgende Jahrzehnt verschoben.

Ende Juni 2022 gab Energieminister Claude Turmes ein ehrgeizigeres Ziel bekannt: Er strebe für das Jahr 2030 für den Energiemix Luxemburgs 45 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen an. Dabei ist unbekannt, wie viel davon im eigenen Land erzeugt werden soll. Auch für das Jahr 2050, wenn Luxemburg klimaneutral sein soll, wurde der angestrebte Anteil an Eigenerzeugung bisher nicht veröffentlicht.

Wäre in einem Europa mit 100 Prozent erneuerbarer Energie die Versorgung Luxemburgs sicher?

Ja, aber wahrscheinlich nicht komplett aus eigenen Ressourcen, lautet die Antwort einer Studie der Elia Gruppe.[2] Für das Jahr 2050, falls bis dahin ganz Europa auf 100 Prozent erneuerbare Energie umgestellt hat, wird die eigene Erzeugung nicht ausreichen, um den Energiebedarf des Kontinents zu decken. Die Erzeugung in Europa wird aber für den Strombedarf ausreichen. Ergänzend wird Wasserstoff aus anderen Kontinenten importiert werden müssen, der mit regenerativer Energie erzeugt wurde.

In den Wintermonaten wird es immer wieder Kälteperioden geben, in denen die Stromerzeugung aus regenerativen Quellen nicht ausreicht. In solchen Phasen werden beispielsweise Reservekraftwerke zugeschaltet, die mit solar erzeugtem Wasserstoff betrieben werden.

Grüner Wasserstoff oder andere regenerativ erzeugten Brennstoffe werden jedoch vor allem für Anwendungen benötigt, für die Strom als Energieträger nicht geeignet ist. Das betrifft zum Beispiel die Industrie, aber auch den Flug- und Schwerverkehr.

 

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Quellen

[1] Die Elia-Studie geht im europäischen Durchschnitt von einem Wasserstoffanteil von 18% aus. S. 4

Wie kann Luxemburg seine Landesfläche möglichst effizient für erneuerbare Energien einsetzen?

Indem Anlagen für erneuerbare Energie in vorhandene Flächen integriert werden, ohne die bisherige Nutzung zu beeinträchtigen.

Das ist notwendig, denn Konflikte sind absehbar, wenn immer mehr Flächen von Windparks oder riesigen Photovoltaikanlagen beansprucht werden. Windkraft lässt sich nur mit bestimmten anderen Nutzungen kombinieren, zum Beispiel mit Freiflächenanlagen für Solarenergie oder mit Forst- oder Landwirtschaft. Kleinere Photovoltaikanlagen lassen sich auf Dachflächen anbringen. Auch andere bereits genutzte Flächen lassen sich für Photovoltaik verwenden: beispielsweise über Fahrradwegen oder über Autobahnen. Photovoltaikanlagen lassen sich aber auch in ohnehin vorhandene Bauelemente integrieren – beispielsweise in Hausfassaden, Autodächer, in Lärmschutzwände oder zur Beschattung von Feldern (Agrovoltaics). Man spricht hier von integrierten Systemen.

Das Fraunhoferinstitut ISE hat in einer Studie den Nutzen solcher integrierten Systeme am Beispiel von Deutschland ermittelt.[1] Ihr technisches Potential ist demnach enorm: Integrierte Photovoltaik könnte eine Freiflächenanlage ersetzen, die sich über 6,5 Prozent des Landes erstrecken würde. [2] Das ist viel mehr, als benötigt.

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Quellen

[1] Potenziale der Integrierten Photovoltaik in Deutschland, 2021, https://freidok.uni-freiburg.de/data/224889

[2] 22,85 GWp

Quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE)

Hier als Beispiel das technische Potential für integrierte Photovoltaik in Deutschland, errechnet vom Fraunhoferinstitut ISE:

Integrierte Photovoltaiktechnologie muss speziell für den jeweiligen Einsatz angefertigt werden und ist deshalb teurer als klassische Anlagen. Dafür löst sie nicht nur Flächennutzungskonflikte, sondern schafft auch Synergieeffekte, die die Kosten wieder reduzieren: Bei Photovoltaik als Bestandteil der Hülle eines Gebäudes oder eines Fahrzeugs erfolgt die Montage auf eine vorhandene Unterkonstruktion. Für eine Anlage auf einer Freifläche werden dagegen zusätzlich Ständer benötigt. Wenn die Solarmodule durch eine Glasscheibe abgedeckt sind, dient die gleichzeitig als Schutzhülle für ein Gebäude oder ein Fahrzeug. Außerdem können solche Module auch vor Lärm schützen. Das reduziert den Materialverbrauch und verbessert die Ökobilanz. Anlagen in Bauwerken und Fahrzeugen erzeugen Strom nahe am Verbraucher und entlasten dadurch das Stromnetz und erhöhen die Reichweite von Elektrofahrzeugen. Solarmodule in Fassaden in Ost- oder Westausrichtung liefern Strom verstärkt am Morgen beziehungsweise am Nachmittag und sind eine gute Ergänzung zur Mehrzahl der nach Süden ausgerichteten Anlagen.

 

Wie effektiv sind erneuerbare Energien im Vergleich zu den übrigen Energien?

Vor allem für Photovoltaik und Windkraft haben sich die Kosten immer mehr verringert, so dass sie inzwischen gegenüber der fossilen Konkurrenz mehr als mithalten können.

Eine Studie [1] des Fraunhoferinstituts ISE hat das untersucht. Dabei werden die Anschaffungs- und Betriebskosten berücksichtigt, aber auch die Kosten für Abriss und Entsorgung. Daraus wurden dann die durchschnittlichen Kosten pro Kilowattstunde Strom berechnet. Bei der Windkraft sind das bei den Windverhältnissen in Luxemburg etwa 7,5 €Cent.

Für eine große Freiland-Photovoltaikanlage liegen die Kosten bei etwa 4,5 €Cent pro Kilowattstunde. Das ist günstiger als alle anderen regenerativen und fossilen Energieträger: Denn Strom aus fester Biomasse kostet ca. 11,5 €Cent pro Kilowattstunde und Biogas etwa 13 €Cent pro Kilowattstunde. Ein klassisches Steinkohlekraftwerk liegt bei etwa 16 €Cent pro Kilowattstunde (dabei sind die seit dem Ukraine-Krieg gestiegenen Preise noch nicht berücksichtigt). Durch Geothermie erzeugter Strom kostet etwa 37 €Cent pro Kilowattstunde[2].

 

Wie lange brauchen eine Photovoltaikanlage oder eine Windkraftanlage, um die Energie für ihre Herstellung wieder einzuspielen?

Bei Windkraft einige Monate bei Photovoltaik wenige Jahre.

Die so genannte energetische Amortisationszeit gibt die Zeit an, die ein Kraftwerk betrieben werden muss, um die Energie zu erzeugen, die für seine Herstellung erforderlich war.

Bei Photovoltaikanlagen in Luxemburg liegt dieser Zeitraum zwischen 1,6 und 2,1 Jahren, je nach der Technologie der Module (bei einer Gesamtlebensdauer von 25 bis 30 Jahren).[3]

Eine Windkraftanlage hat schon nach etwa drei bis sieben Monaten so viel Energie erzeugt, wie für ihren Bau, den Betrieb und ihren Rückbau benötigt wird. Danach liefert jede Betriebsstunde sauberen Strom über etwa 20 Jahre. [4]

 

Was ist effizienter, Strom direkt verwenden oder grünen Wasserstoff verbrennen?

Kurze Antwort vorweg: Es ist immer effizienter, Strom direkt zu verwenden, als ihn zu speichern.

Die Studie der Elia Gruppe hat auch diese Frage untersucht und zwei Szenarien miteinander verglichen: Im ersten werden grüner Wasserstoff und andere regenerativ erzeugte Brennstoffe so wenig wie möglich eingesetzt. Im zweiten Szenario wird deutlich mehr grüner Wasserstoff verwendet: Etwa ein Viertel der in Szenario 1 mit Strom betriebenen Anwendungen wird stattdessen mit Wasserstoff betrieben.

Für die Erzeugung des Wasserstoffs wurde aber Strom benötigt. Wenn man mit einberechnet, dass die Erzeugung des Wasserstoffs nur mit hohen Verlusten möglich ist, wird deutlich: Szenario 1 ist insgesamt um etwa ein Viertel effizienter als Szenario 2.

Strom, wo immer es geht, direkt einzusetzen, ist effektiver: Ein Elektroauto zum Beispiel nutzt 64 Prozent des Stroms. Bei einem Auto, das mit Wasserstoff über eine Brennstoffzelle angetrieben wird, werden 27 Prozent des Stroms genutzt, der zur Herstellung des Wasserstoffs verwendet wurde. Bei einem klassischen Benzin-Verbrennungsmotor sind die Verluste noch größer: nur 20% sind am Ende Nutzenergie. (Allerdings verringert sich der Vorteil der Elektroautofahrzeuge leicht, wenn man das hohe Gewicht der Batterien einbezieht und den dadurch entsprechend höheren Verbrauch).

Infobox

Quellen

 

[1] Fraunhofer 2021: „In Süddeutschland betragen die Stromgestehungskos­ten für PV-Kleinanlagen (< 30 kWp) an Standorten mit ho­rizontaler Globalstrahlung von 1300 kWh/(m²a) zwischen 5,81 und 8,04 €Cent/kWh“. Größere PV-Dachanlagen (> 30 kWp) können heute in Süddeutsch­land Strom zu Gestehungskosten zwischen 4,63 und 7,14 €Cent/kWh produzieren. Große Frei­flächenanlagen (> 1 MWp) erreichen heute Werte zwi­schen 3,12 und 4,16 €Cent/kWh in Süddeutschland.“

[2] gec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH, 2018: Vorbereitung und Begleitung bei der Erstellung eines Erfahrungsberichts gemäß § 97 Erneuerbare-Energien-Gesetz Teilvorhaben II b): Geothermie. Erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie

Fazit

Bis zum Jahr 2050 ist eine ambitionierte Energiewende für Luxemburg zwar schwierig, da mit viel Anstrengungen verbunden, aber nicht unmöglich: Luxemburg könnte seinen jährlichen Energiebedarf bis dahin zu 100 Prozent klimaneutral selbst produzieren.

Weshalb scheint dies möglich? U.a.:

  • weil die erneuerbaren Energien immer effizienter werden
  • weil die erneuerbaren Energien stetig wirtschaftlich rentabeler werden
  • weil es möglich ist, die erneuerbaren Energien noch viel stärker auszubauen (mehr Photovoltaik-, Windanlagen etc.)
  • weil es, trotz Demographie- und Wirtschwachstum möglich ist, Primärenergie und Endenergie einzusparen
  • weil es technische Lösungen gibt, um Flächennutzungskonflikte zu verringern
  • weil wir bis 2050 noch Zeit haben Technologien weiterzuentwickeln und Infrastrukturen (z.B. Speicherinfrastrukturen) aufzubauen

Es ist aber natürlich nicht sicher, ob das Vorhaben gelingen wird. Es hängt nämlich nicht nur von der theoretischen Machbarkeit ab, sondern sehr viel davon, wie Gesellschaft, Wirtschaft und Politik handeln. Ohne Akzeptanz in der Gesellschaft, ohne ausreichend wirtschaftlichen Nutzen, ohne ausreichend politische Anregungen, wird es schwer. Es bleibt abzuwarten wie stark der Wille in der Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft sein wird, um die nötigen Anstrengungen zu unternehmen, um das Ziel zu erreichen. 

Vielleicht kommen auch noch verstärkt andere Technologien zum Einsatz (Atomkraft? Atomfusion?) Dies war jedoch nicht Thema dieses Artikels. 

Und wie bereits erwähnt, handelt es sich hierbei natürlich um ein globales Problem, das auch global gelöst werden muss. Wir haben uns hier hauptsächlich auf Luxemburg bzw die EU beschränkt. 

Abschliessen wollen wir mit einem Zitat von Philip Dale:

"Luxemburg ist eines der reichsten Länder der Welt und hat eine stabile Demokratie. Wenn Luxemburg nicht zu 100 Prozent erneuerbar versorgt werden kann, warum sollten sich dann andere Länder darum bemühen? Es gibt keine wissenschaftliche oder technische Barriere, die dem Ziel im Wege steht. Es ist lediglich eine Frage der Moral und der sozialen Verantwortung. [...] Dabei hängt das Maß an Veränderung, das dafür erforderlich ist, von unser allem Energiekonsum ab.“

 

Autor: Reinhart Brüning

Co-Autor und Editor: Jean-Paul Bertemes

Peer-Review und Beratung: Prof. Phillip Dale

Weitere Beratung: Nicolas Back, Statec

Bereitstellung von Zahlenmaterial: Statec und  Ministerium für Energie

Lektorat: Lucie Zeches, Joseph Rodesch

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