Wieviel Forschung ist in Politik drin? Science.lu startet Artikelserie zur Wahl
In Wahlkampfzeiten ist Politik mal so richtig bunt. Ob die Hochglanz-Konterfeis auf Plakaten oder die dazugehörigen Slogans: alles schillert nur so, unabhängig von der Couleur. Dabei gehört zu Politik viel mehr – nicht zuletzt auch jede Menge Forschung. Grund genug für science.lu, die Wahlen am 20. Oktober zu nutzen, um zu beleuchten, wie Forschung dazu beitragen kann, zukunftsorientierte Politik zu machen.
Spannende Einblicke sind dabei ebenso garantiert wie einige überraschende Meinungen.
Wie die des französischen Soziologen Louis Chauvel, der seit 2012 in an der Uni Luxemburg zu sozialer Ungleichheit forscht. Er hat seine eigene Meinung zu Luxemburg: er sieht das Land auf dem Weg hin zu einer Neudefinition seiner selbst.
Luxemburg als komfortables Eingangstor nach Europa
Damit steht er freilich nicht allein, jedoch bringt Louis Chauvel es auf einen ganz spezifischen und klaren Punkt: „Zwischen den beiden tektonischen Platten Frankreich und Deutschland hat Luxemburg die Chance, sich als komfortables Eintrittstor nach Europa neu zu positionieren – für Menschen und Unternehmen aus aller Welt.“
Öffnung nach außen – Lösung der Probleme im Innern
Tektonische Platten, das klingt nach mittlerem Beben, ist es aber nicht, wie Louis Chauvel weiter erläutert: „Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich wieder stabilisiert, bringt aber kaum Kinder zur Welt – Frankreich wiederum hat hohe Geburtenraten, aber eine schwache Wirtschaft.“ Genau das sei Luxemburgs Chance.
Chance deshalb, weil das Großherzogtum weder unter der Schwäche des einen noch des anderen Nachbarstaats leide, was einladend wirke. Wenngleich, so räumt Louis Chauvel ein, zum Beispiel die hohe Jugendarbeitslosigkeit zeige, dass es parallel zur Öffnung nach außen innere Probleme zu lösen gelte.
Loslassen und sich bewegen, um Wandel zu ermöglichen
Anders gesagt: Festhalten am Bestehenden oder bequemes Wegschauen sind die falschen Rezepte – Offenheit und Erneuerung sind in einer sich verändernden Welt Trumpf. Dann sei auch kein Grund zu Weltuntergangsstimmung gegeben, so Louis Chauvel: „Hier bewegt sich ja was, und wenn alle sich mitbewegen, ist Wandel möglich.“
Damit bringt Louis Chauvel auch die gesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahre auf einen soziologischen und doch realen Nenner: Loslassen, Wandel, sich bewegen, sich öffnen.
Expertenmeinungen zu aktuellen Themen – und eine Gretchenfrage
In der Artikelserie zur Wahl auf science.lu wird es aus Sicht einiger Forscher um die Fragen gehen, inwieweit Unternehmergeist aus dem Forschungsstandort Luxemburg einen innovativen Wirtschaftsstandort machen kann, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen könnte und welche alternativen Ansätze es in der viel diskutierten Rentenfrage gibt.
Aber auch zur Energie- oder Bildungspolitik wird es Experten-Meinungen geben, oder zur Frage nach mehr oder weniger Europa. Und nicht zuletzt stellen wir den Parteien eine Gretchen-Frage, nämlich: Wie halten Sie es eigentlich mit der Forschung?
Autor: Sven Hauser
Infobox
Louis Chauvel hat am führenden Universitäten in Frankreich und den USA gelehrt und geforscht und sich vor allem in seiner französischen Heimat immer wieder in die politische Diskussion eingemischt. Seit 2012 in Luxemburg, hat er auch zur hiesigen Gesellschaft seine Einschätzung entwickelt – die den passenden Einstieg in unsere Artikelserie liefert, in der es ja auch um die Zukunft Luxemburgs geht.
Euroskepsis hat Konjunktur, die Euro-Krise ist zur Europa-Krise geworden. Vielerorts werden die alten Reflexe wieder wach: Grenzen zu, wir wollen unseren Franken wieder. Der Politikwissenschaftler und Autor Raphaël Kies sieht eine andere Lösung – jenseits von Parolen. Er fordert mehr Europa mit mehr Bürgerbeteiligung.