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1968 hingen in Luxemburg die schulischen Leistungen eines Kindes nicht von seiner Intelligenz ab, sondern vom sozialen Hintergrund – die grauen Zellen waren also eigentlich überflüssig, fürs schulische verloren?
Von diesem Resultat stammt auch der Name der über 40 Jahre alten MAGRIP-Studie, MAtière GRIse Perdu, für die rund 2.800 zwölfjährige Schüler befragt und auf ihre Intelligenz getestet wurden.
Bereits damals rätselte man, ob dieses Resultat sich auch im Berufsleben wiederspiegeln würde, doch erst in 2007 nahm sich das Nachfolgeprojekt MAGRIP-R dieser Sache an.
Die gleichen Schüler – 40 Jahre später
Die Gruppe um Dr. Romain Martin und Dr. Martin Brunner hatte eine fast einzigartige Gelegenheit: Rund vier Jahrzehnte nach der ersten Studie konnten die Forscher sich mit gut einem Viertel der damaligen Teilnehmer über ihr Leben unterhalten.
Die besondere Aufmerksamkeit galt vier Bereichen: Wie beeinflusst der Zusammenhang zwischen Schullaufbahn, sozialem Hintergrund und Intelligenz später beruflichen Erfolg, persönliche Zufriedenheit, geistiges Altern und Gesundheit?
Beeinflusst die Schule unser Leben? Ja – zumindest in Luxemburg! Hier bestimmt z.B., im Gegensatz zu anderen Ländern, eher das Diplom als die Intelligenz den Erfolg im Berufsleben, zumindest für die Kinder der 60er Jahre.
Ein Diplom ist wichtiger als die Intelligenz?
Dieser Befund kann zum Teil durch die Struktur des Arbeitsmarktes bedingt sein - so wechselt(e) man in Luxemburg weniger oft den Arbeitgeber oder gar den Beruf -, sollte aber auch unbedingt zum Nachdenken über unser Schulsystem anregen.
Wenn das errungene Diplom so wichtig für den späteren beruflichen Erfolg ist, dann kann unser stark unterteiltes Schulsystem schnell jemanden, dessen Fähigkeiten auch nur einmal falsch eingeschätzt wurden, vieler Chancen berauben.
Obwohl MAGRIP-Rs Befunde eigentlich aus einer anderen Zeit stammen, denkt Martin, dass die grundlegenden Resultate doch, etwas angepasst, so noch immer stimmen.
Damals wie heute gehen Kinder aus ärmeren Familien eher ins Technikum, während Kinder aus reicheren Familien eher das Klassikum besuchen, unabhängig von ihrer Intelligenz.
Warum genau, ist unklar, scheint aber doch oft daran zu liegen, dass Kinder aus ärmerem Hause aufgefordert werden, möglichst schnell in die Berufswelt einzutreten, und nicht noch lange zu studieren.
Der Datensatz der Forscher ist riesig und es bleibt noch viel zu untersuchen, doch es gibt bereits mindestens ein weiteres Resultat, das sich die Schulpolitik zu Herzen nehmen sollte.
Sitzenbleiben hat nur Nachteile
Schüler, die sitzen geblieben sind, entwickeln sich im späteren Leben geistig weniger stark weiter und erhalten ein niedrigeres Gehalt als die, die keine Klasse wiederholen mussten – bei gleicher Intelligenz.
Also: Hohe Kosten für den Staat und nur Nachteile für die betroffenen Schüler – macht eigentlich keinen Sinn. Mit solchen Resultaten kann die Forschung der Politik helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.
Autor: Liza Glesener
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