© Uwe Hentschel
Man nimmt Wasser, zerlegt es mit Hilfe von Elektrizität in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff und das war’s. Das Prinzip der Elektrolyse, eine von mehreren Methoden zu Wasserstoffherstellung, ist im Grunde recht schnell erklärt. Der Knackpunkt ist nur: Die Herstellung von Wasserstoff ist äußerst energieintensiv. Und der größte Teil der Energie, der derzeit für die Erzeugung verwendet wird, stammt aus nicht erneuerbaren Ressourcen wie Öl, Gas oder Kohle. Wenn Wasserstoff also dabei helfen soll, von diesen fossilen Energieträgern wegzukommen, muss die Herstellung nachhaltig sein. Genau darum geht es bei einer Kooperation, die das Luxemburg Institute of Science and Technology (LIST) mit dem französischen Unternehmen 3D-Oxides eingegangen ist.
Weltweit größte Anlage dieser Art
„Wir arbeiten am LIST bereits an neuen Material-Familien, die es uns ermöglichen sollen, ausschließlich mit Hilfe von Solarenergie Wasserstoff herzustellen“, erklärt Damien Lenoble, Leiter der Abteilung für Materialforschung und Technologie. „Wir sind auch in der Lage, die Auswahl dieser Material-Familien zu verfeinern. Aber um die exakte Zusammensetzung herauszufinden, muss man viel ausprobieren“, sagt der LIST-Forscher und verweist in diesen Zusammenhang auf die rund 70 chemischen Elemente, die in der Natur vorkämen, und die Milliarden an Kombinationsmöglichkeiten, die sich daraus ergäben.
Wesentlicher Bestandteil der Partnerschaft zwischen LIST und 3D-Oxides ist dabei neben der gemeinsamen Forschungsarbeit vor Ort eine von 3D-Oxides entwickelte Anlage. Diese wurde am LIST installiert und soll dort den Einsatz von Solarenergie zur Herstellung von Wasserstoff mittels photokatalytischer Spaltung (also mit Hilfe von Solarenergie) des Wassers vorantreiben. Es ist die weltweit größte Anlage dieser Art. Und auch wenn Größe nicht immer den Ausschlag gibt, in diesem Fall tut sie es. Denn „Sybilla 450“ beschleunigt aufgrund ihrer Ausmaße die Suche nach geeigneten Materialien für die Herstellung von Wasserstoff durch Sonnenenergie enorm.
Extrem dünner Film aus Fotoelektroden
Aktueller Stand der Wissenschaft sei der, dass man pro Tag ein neues Material erforschen könne, erklärt Lenoble. Es gebe also eine große Diskrepanz zwischen den Möglichkeiten und den Kapazitäten. „Die neue Technologie ermöglicht es uns nun, täglich 50 bis 100 neue Materialen zu testen“, sagt er. „Die Suche nach geeigneten Materialen wird also extrem beschleunigt.“
Zum Einsatz kommt das sogenannte CBVD-Verfahren (CBVD steht für Chemical Beam Vapor Deposition). Bei diesem 3D-Druck-Verfahren wird ein extrem dünner Film (Layer), bestehend aus Fotoelektroden, im Mikrometerbereich hergestellt, der wiederum aus verschiedenen Materialkombinationen mit unterschiedlichen Eigenschaften besteht. Diese Dünnschicht-Abscheidungstechnologie ermöglicht dank eines kombinierten Ansatzes die gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Materialien. Die Besonderheit der Sybilla 450 ist dabei unter anderem die namensgebende Größe dieses Layers. Dieser hat einen Durchmesser von 450 Millimetern, was annähernd der Größe einer 18-Zoll-Felge entspricht.
Giacomo Benvenuti von 3D-Oxides (linkes Bild) demonstriert die Größe des neuen Layers, Forscherin Bianca Rita Pistillo (rechts) zeigt, wie groß beziehungsweise klein der Layer früher war
Verfahren ermöglicht viele Experimente gleichzeitig
„Als ich vor acht Jahren hier anfing, hatten die Layer diese Größe“, erklärt Forscherin Bianca Rita Pistillo und zeigt einen Layer, kaum größer als ein kleiner Frühstücksteller. „Diese neue Anlage erleichtert mir die Arbeit ungemein“, so Pistillo, die eines der beiden Forschungsprojekte leitet, die aus dieser Partnerschaft entstanden sind. „Wir können auf einem Layer viele Experimente gleichzeitig durchführen und sparen dadurch sehr viel Zeit.“
„Sonne und Wasser allein reichen nicht zur Herstellung von Wasserstoff“, fasst es LIST-Forscher Emanuele Barborini zusammen. „Wir brauchen also einen dritten Player, der in der Lage ist, die Sonnenenergie zu erfassen und sie in elektrische Ladung zu verwandeln und dadurch das Molekül zu spalten“. In diesem Zusammenhang vielversprechend seien die chemischen Verbindungen Natriumtantalat und Strontiumtitanat, mit denen in den beiden Projekten gearbeitet werde.
Mischung nach jedem Versuch ein wenig verändern
Barborini vergleicht die Möglichkeiten, die sich durch die neue Maschine und den großen Layer ergeben, mit der Suche nach dem besten Rezept für einen Schokoladenkuchen. „Bislang war es so: Wir suchen uns die Zutaten zusammen, vermischen sie, backen den Kuchen und probieren ihn. Danach verändern wir die die Zutatenmischung ein wenig und backen einen neuen Kuchen. Und das geht dann immer so weiter“, so Barborini. Der große Layer hingegen sei wie ein gewaltiger Kuchen, beim die Zutaten unterschiedlich vermischt seien. Je nachdem, wo man den Kuchen dann probiere, schmecke er auch anders.
Autor: Uwe Hentschel
Fotos: Uwe Hentschel
Infobox
Das gängigste Verfahren, um Wasserstoff herzustellen, ist die Dampfreformierung von Methan oder Erdgas. Diese Methode ist ebenfalls energieintensiv, und es entstehen zusätzlich CO2 und andere Treibhausgase. Die Dampfreformierung kann auch bei Biomasse angewendet werden, welche hauptsächlich aus Kohlenhydraten und anderen wasserstoff- und kohlenstoffhaltigen organischen Verbindungen besteht.