(C) Uwe Hentschel
Laut eines vor kurzem veröffentlichen OECD-Berichts sind schlechte Schulnoten bei 15-jährigen Jungen wahrscheinlicher als bei gleichaltrigen Mädchen. Dies ist ein weiterer Beleg für einen weltweiten Trend, wonach Jungen in der Schule gerne ins Hintertreffen geraten. Forscher der Universität Luxemburg haben sich in einer neuen Studie, die kürzlich im Journal „Masculinities and Social Change” veröffentlicht wurde, mit diesem Thema befasst. Im Gegensatz zu anderen Studien wurden dabei die Aussagen von Kindern direkt gesammelt, statt nach der Meinung von Lehrern oder Eltern zu fragen. Am Ende haben die Forscher zwei Hauptursachen ausfindig machen können. Und möglicherweise auch die Lösung des Problems.
„Wir beobachteten eine starke Tendenz, dass sich Jungs mit schlechten Schulnoten von der Schule entfremden. Sie ist zu entfernt und wird als sinnlos angesehen“, sagt Andreas Hadjar, Professor für Erziehungssoziologie an der Uni Luxemburg und auch Leiter der Studie. „Zudem gab es einen klaren Zusammenhang zwischen schlechten Leistungen und einer traditionellen Meinung über ihre Geschlechterrolle. Nämlich, dass Männer Frauen führen sollen“, so Andreas Hadjar weiter. Jungs mit diesen Merkmalen neigten eher dazu, den Unterricht zu stören, und schnitten deshalb schlechter ab: Sie erzielten ein um rund acht Prozent schlechteres Jahresergebnis als der durchschnittliche männliche Schüler im gleichen Jahrgang.
Traditionelle Ansichten haben einen negativen Einfluss
Der Anteil derjenigen, die mit Schule nichts anfangen können, war bei Mädchen und Jungen gleich hoch. Allerdings war der negative Einfluss, den diese Einstellung mit sich bringt, bei Jungs höher. Was traditionelle Ansichten über Männer- und Frauenrollen betrifft, so scheinen diese Jungs gleichermaßen zu beeinflussen wie Mädchen. Die Studie zeigt aber, dass diese Meinung bei Jungs viel weiter verbreitet ist als bei Mädchen. Andere Faktoren wie die Meinungen von Peergroups und der sozioökonomische Hintergrund haben ebenfalls negative Auswirkungen auf die Schulnoten, da diese eine Entfremdung von der Schule sowie eine traditionelle Rollenverteilung beeinflussen und sich deshalb auch auf die schulischen Leistungen auswirken.
Fragebögen, Gruppendiskussionen und Videoaufnahmen des Unterrichts wurden verwendet, um das Verhalten der 872 teilnehmenden Schüler zu untersuchen. Die meisten waren 13 und 14 Jahre alt und gingen in Bern (Schweiz) zur Schule. Die Daten wurden mit den Ergebnissen von Tests und Klassenarbeiten verglichen. So konnten die Forscher die Aussagen der Kinder und ihr Unterrichtsverhalten untersuchen und auf dieser Grundlage statistische Analysen machen.
Der falsche Unterrichtsstil verschärft das Problem
Es gibt aber eine mögliche Lösung für dieses „Jungs-sind-schlechtere-Schüler-Syndrom“. Denn indem sie das Unterrichtsverhalten beobachteten, stellten die Forscher fest, dass Jungs mit schlechten, schulischen Leistungen am besten auf so genannte „autoritative Unterrichtsstile“ reagierten. Solche Unterrichtsstile zeichnen sich durch eine strukturierte, engagierte, aber auch kontrollierte Einstellung der Lehrer aus und haben nichts mit überstrengen und autoritären Methoden zu tun.
Die Studie zeigt, dass unangebrachte Unterrichtsstile eine Entfremdung gegenüber der Schule bewirken oder verstärken können. „Lehrer mit einem autoritativen Unterrichtsstil interessieren sich klar für ihre Schüler, lenken sie und sind bei Problemen für sie da“, sagt Hadjar. „Diese Forschungsarbeit zeigt, dass Lehrer flexibel beim Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeiten sein müssen.“
Autor: University of Luxembourg
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