© Uwe Hentschel
„Wir brauchen Fakten statt Bauchgefühl“ - Für Conny Roob bringt es dieses Zitat des Ministers für Bildung, Kinder und Jugend, Claude Meisch, auf den Punkt. „Uns ist durchaus bewusst, dass Politik nicht nur von Wissen geleitet wird“, sagt Roob. „Wir wollen aber zeigen, dass wissenschaftlich fundierte Informationen ein gewinnbringender Faktor für die Jugendpolitik sind.“
Conny Roob ist Mitarbeiterin des Service de la Jeunesse beim Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend. Die Pädagogin war früher selbst als Wissenschaftlerin an der Uni Luxemburg tätig, wechselte dann zum Ministerium, wo sie sich nun unter der Leitung von Nathalie Keipes mit um den Bereich Jugendpolitik kümmert – ein Bereich, in dem Ministerium und Wissenschaft schon seit langem sehr eng kooperieren.
Wollen wissen, wie Jugendliche denken und handeln
Bestes Beispiel dafür ist der Nationale Bericht zur Situation der Jugend in Luxemburg 2015. Dieser Bericht ist das Ergebnis einer dreijährigen, intensiven wissenschaftlichen Arbeit der Forschungseinheit INSIDE (Integrative Research Unit on Social an Individual Development) an der Uni Luxemburg. Zentraler Inhalt des Reports ist die umfassende Analyse des Übergangs vom Jugend- ins Erwachsenenalter. Das Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend als Auftraggeber möchte herausfinden, wie die Jugendlichen denken und handeln.
„Wir sehen diesen Bericht als die Stimme der Jugendlichen, die in die Forschung mit aufgenommen wird“, erklärt die Pädagogin. „Uns geht es also nicht nur darum, die staatlich finanzierten Maßnahmen zu analysieren und zu evaluieren, sondern wir wollen auch wissen, wie es den Jugendlichen in diesen Maßnahmen geht“, sagt Roob. Und mit „wir“ meint sie sowohl die Mitarbeiter der Forschungseinheit INSIDE als auch den Service de la Jeunesse. So bildet der Jugendbericht die Grundlage für den Jugendpakt 2017-2020, in dem die Regierung ihre Strategien für die Jugendarbeit definiert hat.
Zusammenarbeit erfordert Abstimmungsprozess
Dass alle fünf Jahre ein Jugendbericht vorgelegt wird, ist im Jugendgesetz so verankert. Damit ein solcher Bericht aber auch die Fragestellungen beinhaltet, die für politische Entscheidungen von Bedeutung sind, ist ein hohes Maß an Abstimmung notwendig. Aus diesem Grund wurde die wissenschaftliche Arbeit durch eine Lenkungsgruppe gesteuert, in der sowohl Vertreter des Ministeriums als auch der Universität vertreten waren. Darüber hinaus wurde zur Unterstützung in wissenschaftlichen Fragen und zur Qualitätssicherung auch noch ein wissenschaftlicher Beirat einberufen.
Hinter der Zusammenarbeit steckt also ein enormer Abstimmungsprozess, was auch der Grund ist, dass dieser Austausch zwar wünschenswert, aber eben keineswegs selbstverständlich ist. Dass es im Fall des Service de la Jeunesse so gut funktioniert, liegt laut Roob nicht zuletzt daran, dass es die auf europäischer Jugendpolitik basierende Jugendforschung in Luxemburg schon den 90er Jahren gebe. Und mit Gründung der Universität sei dieser Forschungsbereich dann integriert worden.
Nicht Aufgabe der Forschung, Politik zu diktieren
Für die Pädagogin, die aufgrund ihrer früheren Tätigkeit beide Seiten kennt, ist der Austausch mit der Forschung auf jeden Fall ein Gewinn. „Forscher können keine Politik diktieren und das ist auch nicht deren Aufgabe“, stellt sie klar. „Und wir wissen auch, dass die Politik oft schnelle Antworten braucht, die die Wissenschaft so schnell nicht liefern kann“, fügt sie hinzu. Doch die wissenschaftlichen Analysen und Erkenntnisse seien eine wichtige Basis für das Ministerium und die Entscheidungsträger, sagt Roob. „Denn nur so erfahren wir wirklich, wo bei den Jugendlichen der Schuh drückt.“
Autor: Uwe Hentschel