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Claude Meisch ist seit 100 Tagen im Amt als Forschungsminister. Im Interview mit science.lu erklärt er, weshalb es für Luxemburg wichtig ist, öffentliche Forschung zu betreiben. Und wo die Forschung in den kommenden Jahren hinsteuern soll.

science.lu: Herr Meisch, weshalb leistet sich ein kleines Land wie Luxemburg eigene Forschung?

Luxemburg ist ein Land mit einem sehr hohen Lebensstandard. Wenn wir den halten wollen – und das ist unser Ziel – brauchen wir eine starke Wirtschaft. Eine starke Wirtschaft zeichnet sich aus durch Wettbewerbsfähigkeit. Wir müssen also kompetitiv sein, kompetitiver als andere. Und hierbei spielt Forschung eine wichtige Rolle.

science.lu: Inwiefern?

Um wettbewerbsfähig zu sein, muss man in der Technologie und Methodologie ganz vorne mit dabei sein. Das geht nur, wenn man in einigen Bereichen Top-Forschung betreibt. Mit dem Ziel die Forschungsergebnisse in Luxemburg anzuwenden, an die spezifischen Bedürfnisse anzupassen, in der Produktion einzusetzen – oder einfach das Know How und die besten Köpfe vor Ort und Stelle zu haben.

science.lu: Ist eine öffentliche Forschung wirtschaftlich interessant für Luxemburg?

Ja, denn Unternehmen können auf das Know How der öffentlichen Forschungsinstitute zurückgreifen, Kooperationen auf die Beine stellen, gemeinsam nach Lösungswegen und Konzepten suchen. Dies ist im internationalen Wettbewerb ein Standortvorteil – und soll dazu beitragen, dass Firmen hier bleiben oder neue angezogen werden. In Bereichen wie z.B. der Biomedizin sind die Unternehmen gar stark auf die Nähe einer guten Forschungsinstitution angewiesen. Die Forschung hilft auch z.B. dem Finanzplatz, indem spezifisch an den neuen Herausforderungen dieses Bereichs geforscht wird. In Zukunft sollte sich die öffentliche Forschung noch stärker an der nationalen Wirtschaft orientieren.

science.lu: Und wie sehen Sie den gesellschaftlichen Nutzen der Forschung?

Forschung entwickelt Lösungen und Konzepte für die besonderen gesellschaftlichen Probleme, die wir in unserem kleinen Land haben. Sie hilft auch der Politik indem sie analysiert, hinterfragt, neue Wege vorschlägt und Politikern dabei hilft, diese zu beschreiten.

science.lu: Ein Beispiel?

Da ich auch Bildungsminister bin, liegt mir der Bereich der Bildung am Herzen. In Luxemburg haben wir eine spezielle Situation mit der Mehrsprachigkeit, mit den vielen Kulturen. Wir können also nicht einfach Resultate der Forschung aus anderen Ländern nach Luxemburg übertragen. Und gäbe es keine Forschung hier, würde sich auch niemand so genau mit unseren spezifischen Problemen befassen. Die Forschung kann nun mit ihren fundierten Forschungsergebnissen dabei helfen, Politiker zu informieren, Vorschläge und neue Ideen zu entwickeln und die Politiker bei Prozessen wie z.B. der Schulreform zu begleiten.

science.lu: Der Forschungsstandort Luxemburg ist an einem wichtigen Punkt angelangt: Viel wurde in den letzten Jahren aufgebaut und nun fängt Luxemburg an, die Früchte zu ernten, die ersten Top-Resultate werden erzielt. Andererseits ist Krise. Wie soll es weitergehen mit der Forschung in Luxemburg?

Die Forschung muss noch weiter wachsen können. Angesichts der budgetären Engpässe aber nicht mehr in dem Maß wie bisher. Im Rahmen der europäischen Initiative „Europe 2020“ engagiert sich Luxemburg zwischen 0,7 und 0,8% des BIP in öffentliche Forschung zu investieren. Bisher sind wir bei 0,66%. Das langfristige Ziel ist 1 %. Des Weiteren muss die Forschung in die Richtung gehen, Kräfte zu bündeln, um dann in ein paar Bereichen Spitzen-Niveau zu erreichen. Ein wichtiger Schritt ist hier z.B. die Fusion der öffentlichen Forschungszentren CRP Gabriel Lippmann und CRP Henri Tudor. Das Wichtige ist, dass wir die Forschung so effizient wie möglich aufstellen.

Das Interview führte Jean-Paul Bertemes (FNR)
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