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Forschung besser kommunizieren, stärker als Forschungsstandort auftreten, den Stellenwert der Wissenschaften in den Schulen erhöhen - Marc Hansen über seine Vorhaben als Staatssekretär für Forschung.
Herr Hansen, Sie sind nun seit ein paar Monaten als Staatssekretär zuständig für den Bereich Forschung. Was gefällt ihnen besonders an dieser Aufgabe?
Forschung ist nicht nur spannend, sondern zudem ein Bereich, in dem man als Politiker viele Gestaltungsmöglichkeiten hat – auch auf europäischer Ebene. Besonders wichtig ist mir die Förderung der Wissenschaftskultur. Dass Kinder und Jugendliche bereits früh an die Wissenschaften herangeführt werden – und auch Erwachsene besser Bescheid wissen darüber, was hier in Luxemburg in der Forschung läuft.
D.h. hier sehen Sie Nachholbedarf?
Genau. Wenn ich erzähle, dass wir in Luxemburg fast 5000 Mitarbeiter im Bereich Forschung beschäftigen, fragen die Leute oftmals: Wo sind die denn alle? Und was machen sie? Trotz einiger bisher erfolgreicher Maßnahmen sollten wir Forschung noch besser vermitteln. Wichtig ist auch, dass wir auf Wirtschaftsmissionen stärker als Forschungsstandort auftreten. Wir werden international immer noch fast ausschließlich als Finanzstandort wahrgenommen. Und schließlich sollten wir auch daran arbeiten, den Stellenwert der Wissenschaften in den Schulen zu erhöhen.
Forschung steht seit dem Regierungswechsel gemeinsam mit der Bildung und dem Hochschulwesen unter einer Schirmherrschaft. Welche Chancen ergeben sich hierdurch?
In der Forschung/Innovation sowie im Ingenieurwesen braucht Luxemburg immer wieder neue Talente. Wir müssen oftmals weit außerhalb der Großregion rekrutieren. Weil es an luxemburgischen Einwohnern fehlt, um diese Stellen zu besetzen. Die Verknüpfung von Bildung, Hochschule und Forschung ermöglicht uns, gezielter Maßnahmen zu koordinieren – um in Zukunft stärker auf die Bedürfnisse des Landes reagieren zu können.
Weshalb braucht Luxemburg überhaupt eigene öffentliche Forschung?
Was unserem Land fehlt, sind Rohstoffe. In Zukunft müssen wir daher auf unsere Köpfe, unsere Kompetenzen und Talente bauen. In einer sich ständig ändernden Welt brauchen wir Innovation und Forschung, um uns immer wieder neu zu erfinden – um Lösungen für veränderte gesellschaftliche Gegebenheiten zu suchen, um neue Arbeitsmärkte zu erschließen und neue Arbeitsplätze zu schaffen bzw. bestehende zu sichern.
In welche Richtung soll es gehen mit der Forschung in Luxemburg?
In Zukunft sollen sich die öffentlichen Forschungsinstitute noch stärker an den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedürfnissen Luxemburgs orientieren. Die Attraktivität des Standortes Luxemburg steigt, wenn die öffentliche Forschung den Privatunternehmen in der Innovation und Forschung zur Seite steht. Auch müssen wir noch daran arbeiten, vielversprechende Forschungsresultate in marktreife Produkte umzusetzen. Natürlich ist es aber weiterhin die Aufgabe eines Staates, auch in Grundlagenforschung zu investieren.
Ein besonderes Merkmal am Standort Luxemburg ist die Mehrsprachigkeit. Welche Bedeutung hat sie für Luxemburg?
Mehrsprachigkeit war schon immer ein Standortvorteil für Luxemburg. Allerdings darf sie nicht zur Hürde werden. Die demographischen Verhältnisse haben sich in den letzten Jahrzehnten rasant geändert. Die, die langfristig hier wohnen wollen, sollten an die Mehrsprachigkeit herangeführt werden – ohne dass hierbei Nachteile entstehen, z.B. bei der Einschulung. Andererseits müssen wir Lösungen entwickeln, um kurzfristig Ausländer aufnehmen zu können. Wie z.B. Forscher, die nur für zwei, drei Jahre nach Luxemburg kommen. Bei der Entwicklung solcher Lösungen kann die Forschung helfen. Die luxemburgische Forschung im Bereich Mehrsprachigkeit ist ein gutes Beispiel dafür, wie Forschung gesellschaftlichen und politischen Akteuren helfen kann.
Das Interview führte Jean-Paul Bertemes (FNR)
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Vielen Luxemburgern ist Marc Hansen bekannt als Journalist. Nach seiner Tätigkeit bei RTL Radio Lëtzebuerg und RTL Télé Lëtzebuerg war er zuletzt Direktor und geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied von Éditions Lëtzebuerger Journal. Als Experte im Metier liegt es also nahe, dass ihm die Kommunikation auch im Bereich der Forschung am Herzen liegt. Nachdem Staatssekretär André Bauler sein Amt Anfang 2014 aus gesundheitlichen Gründen niederlegte, folgte ihm Marc Hansen auf den Posten. Während Minister Claude Meisch sich vor allem um die Bildung und Schulen kümmert, sind Forschung und Hochschule die Zuständigkeitsbereiche von Marc Hansen.